Das bin noch ich

Wer sind wir, wenn wir nicht mehr das tun können, von dem wir denken, dass es uns ausmacht? Und wie finden wir das heraus?

Ein Mann spielt Geige in einem Zimmer

Text: Frank Keil
Foto: Bengelsdorf, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 41te KW. – Stefan Moster lässt in seinem Roman »Bin das noch ich« auf einer finnische Schäreninsel einen verzweifelten Musiker allmählich wieder zu sich kommen. Es hilft: die Natur, auch die Sonate für Violine Solo von Belá Bartók.

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»Aus dem Tagebuch eines Blindgängers«

Jürgen Flegers »Schmunzelgeschichten aus dem lichtleeren Raum« als Verständigungsangebot für sehende Menschen.

Text: Alexander Bentheim
Foto: ozzuboy, photocase.de

 
Für sehende Menschen ist es oft ein Rätsel: Wie kann man ohne Augenlicht überleben? »Ganz gut!«, findet Jürgen Fleger, »hilfreich ist allerdings, wenn man genügend Erfahrungen sammeln konnte und ein paar Tricks und Kniffe gelernt hat«.
Jürgen Fleger ist seit gut 30 Jahren komplett blind und weiß, wovon er spricht. Denn er ist schon recht viel herumgekommen in der Welt. Alleine, oder in Begleitung seiner Blindenführhunde, hat er fast alle Länder Europas bereist, war auch in Indien, Nord- und Südamerika. Und hat von überall her »wirklich erlebte« Anekdoten mitgebracht, in denen er kurzweilig und mit Humor beschreibt, was einem blinden Menschen passieren kann, wenn er offenen Ohres durch’s Leben geht. Er beschreibt Erlebnisse, in denen es mal lustig und mal schon einigermaßen gefährlich zuging. Dabei erklärt er anschaulich, wo die Probleme für blinde Menschen liegen können und macht sehenden Menschen Lust, nochmal über ihre bisherigen Strategien für Hilfsangebote nachzudenken. Jürgen Fleger nimmt mit in seine unsichtbare Welt und gibt praktische Tipps, wie jede*r blinde Menschen im Alltag gut unterstützen kann.

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Hinter dem Praterstern

Immer geht es weiter, es passiert das nächste und das nächste … Doch was ist mit denen, die nicht können oder wollen, dass das Tempo immer wieder immer weiter anzieht?

Männer in einem Wiener Caféhaus

Text: Frank Keil
Foto: martinsombrero, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 34te KW. – Robert Seethaler bietet mit »Das Café ohne Namen« eine das Heute berührende Zeitreise ins Wien der 1960er-70er-Jahre.

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Nicht allzu viele Worte und dennoch enorm viel Bedeutung

Immer diese langen Texte. Immer diese endlosen Romane. 1000 Seiten – und mehr. Es geht auch anders: runterdimmen, um wieder auf Touren zu kommen.

Mann sitzt mit Stift über einem Papier

Text: Frank Keil
Foto: aoo3771, photocase.de

Männerbuch der Woche, 22te KW. – Kurz, sehr kurz und sehr, sehr kurz und immer wieder sehr komisch: Jürgen Hosemann versammelt in »Papierkorb« wunderbarste Miniaturen und textliche Erprobungen zum Bewahren und also Aufheben und Bedenken.

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»Man kann Kinder für das Aufräumen ein bisschen austricksen«

Martin Tolkmitt, 13, Schüler der Stadtteilschule Niendorf und Teilnehmer am Halbjahreskurs »Soziale Jungs vor Ort«, über seine Mitarbeit im Kinderhaus »Fliewatuut«.

2 Kinder spielen im Matsch

Interview: Alexander Bentheim
Foto: suze, photocase.de

Martin, was hat dich am meisten beeindruckt während deiner Mitarbeit?
Dass wir tatsächlich viel mit den Kindern gespielt und sie beschäftigt haben, was ich zuerst gar nicht als richtige Hilfe gesehen habe. Ich dachte, spielen bedeutet nicht so viel, aber doch, darüber kann man ja Vertrauen herstellen.

Mit wie vielen Kindern hattest du zu tun und in welchem Alter waren diese?
Das waren so bis zu 15-16 Kinder, im Alter von 2 bis 6 Jahre.

Was hat dich überrascht, das du zuvor nicht gewusst hast?
Dass ein Kind einfach zu weinen anfängt, nur weil es mich sieht. Also das war in einer Situation, wo wir fangen spielen wollten, und plötzlich weinte der Junge los. Vielleicht war ihm das zu plötzlich mit dem Spiel, obwohl ich mich schon bemüht hatte, nicht zu schnell zu sein. Aber nach kurzer Zeit war das vorbei. Ach ja, und dass manche Kinder richtig gewalttätig sein können, also dass sie Spielzeug nehmen und dich damit schlagen oder an deinen Klamotten ziehen. Dann habe ich zwar »Stop!« gesagt, aber so richtig zugehört hat wohl niemand. Erst als die Erzieherin dazu kam, haben sie aufgehört. Ich muss wohl etwas strenger werden. Oder konsequenter. Überhaupt mussten wir aber auch aufpassen, dass sie sich nicht verletzen, weil sie schon ein bisschen wild waren.

Was hast du gelernt, wovon du sagst: das nehme ich mit aus dieser Zeit?
Dass man mit den Kindern nicht sofort losspielen kann, sondern warten muss, bis sie zu dir kommen. Ich wollte eine Verbindung herstellen zu einem Kind, aber das war etwas schwierig, weil ich ja neu war und unbekannt für das Kind. Da muss man erstmal etwas anderes machen und warten, bis sie zu dir kommen und dann kannst du fragen: »Na, willst spielen?« Man muss sich halt langsam kennenlernen.

Würdest du etwas verbessern wollen oder anders machen?
Ja, vielleicht nicht so sehr nur mit den Kindern spielen, sondern ihnen auch beibringen, nicht so wild zu sein. Was ich aber nicht geschafft habe … vielleicht bin ich ja zu nett und wollte keinen »bösen« Eindruck vermitteln. Und ich hätte gern noch etwas mehr Anleitung gehabt, was wir mit den Kindern machen sollen. Am Anfang hab ich viel gefragt, was wir mit denen machen, aber da gab es nicht so viele Antworten. Wir sollten wohl selbst herausfinden, was wir alles machen können.

Fühltest du dich insgesamt wohl in der Einrichtung, mit den Kindern?
Zuerst war es ungewohnt, weil ich vorher noch nie – also als schon etwas Älterer – in einer Kita war. Da habe ich so viele Kinder gesehen und wusste nicht genau, was ich mit denen nun machen soll. Es war alles neu, aber mit der Zeit habe ich mich schon wohlgefühlt und es war dann alles einfacher.

Hast du ein Beispiel für ein Spielangebot, bei dem die Kinder richtig neugierig oder begeistert waren?
Neugierig weiß ich jetzt nicht so, aber die haben oft Fangen gespielt mit uns, und sie haben damit auch angefangen, und Bela – mit dem zusammen ich im Kinderhaus war – und ich haben dann halt mitgemacht. Dann haben sie uns erwischt, aber wir sind auch wieder rausgekommen und dann gab es viel Geschrei. Da war dann natürlich viel Begeisterung und Spaß dabei.

Würdest du diese Arbeit anderen Jungs empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand deiner Meinung nach dafür?
Man braucht auf jeden Fall Geduld. Am Anfang war es ja so, dass wir darauf warten mussten, dass die Kinder auf uns zukommen, nicht umgekehrt. Und man braucht etwas Mut, mit ihnen zu sprechen, weil man ja bei dem Altersunterschied nicht gleich weiß, wie man sie ansprechen kann, vor allem wenn man keine kleinen Geschwister hat. Und man sollte nicht schnell reizbar sein oder wütend werden, nicht alles persönlich nehmen, weil man ja auch ein Vorbild sein soll. Das brauchte uns auch nicht gesagt werden, denn das haben wir schon selbst schnell gemerkt, dass man sich vorbildlicher verhalten muss.

Gab es Kinder, mit denen du mehr anfangen konntest als mit anderen?
Am Anfang fand ich manche aggressiver und manche netter. Aber eigentlich waren sie alle ganz lieb, wenn wir sie dann besser gekannt haben. Über das gemeinsame Spielen mochten wir dann alle gleich gern.

Gibt es noch etwas, das du erwähnenswert findest?
Man kann die Kinder für das Aufräumen, was ja niemand gerne macht, austricksen: indem man sagt, dass es ein Spiel ist, und wer mehr aufräumt, der gewinnt. Dann kann man einfach dabeistehen und die Kinder räumen schon alles auf. Bela hat jüngere Geschwister und daher weiß er, wie man das richtig ansprechen kann, so mit einem leicht kindlichen »Dialekt« 🙂

Die Runden

Ein Ziel haben, nach Höherem streben, und zugleich auf dem Boden bleiben, im Alltag verhaftet. Das zu vereinen, muss Glück bedeuten.

Ein Taucher vor einer Wand mit Containern

Text: Frank Keil
Foto: Saimen., photocase.de

Männerbuch der Woche, 3te KW. – Arno Geiger erzählt in seinem neuen Buch »Das glückliche Geheimnis« von entscheidenden Lebensmomenten am Altpapiercontainer und damit dem allmählichen Werden eines Schriftstellers.

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»Mehr Selbstvertrauen, dass ich mit Kindern arbeiten kann.«

Emilio Centanaro, 15, über seine Erfahrungen auf dem Hamburger Bauspielplatz Rahlstedt-Ost und was sein Praktikum mit Motivation und Selbstvertrauen zu tun hat.

Junge spielt in einer Waldhütte

Interview: Alexander Bentheim
Foto: coscaron, photocase.de

Emilio, warum ein Praktikum auf einem Bauspielplatz?
Ich fand es interessant, weil ich noch nie so richtig mit Kindern gearbeitet habe. Christian Herzog von der SGA Bramfeld hat mir das Praktikum vorgeschlagen und ich fand das okay und richtig super, die Kinder waren voll nett, und wir konnten da ein bisschen was bauen.

Was waren deine Aufgaben und Tätigkeiten?
Die meiste Zeit habe ich mit den Kindern im Gelände gespielt und auch aufgepasst, dass nichts passiert. Ich habe in der Werkstatt mitgeholfen und Werkzeug an die Kinder ausgeliehen. In der letzten Woche haben wir dann zusammen ein Fahrrad repariert.

Was hat dich auf dem Baui am meisten beeindruckt?
Wie nett die Leute da sind und wie die Kinder einem zuhören können; sie waren nicht so anstrengend wie ich das erwartet hatte.

Mit wie vielen Kindern hattest du zu tun und in welchem Alter waren diese?
Das waren so 6-8 Kinder, sie waren etwa 7 bis 8 Jahre alt.

Was hat dich überrascht, wovon du zuvor nicht gewusst hast?
Dass der Baui so groß ist, das habe ich nicht erwartet. Ich dachte, es gibt nur einen kleinen Raum, in den die Kinder reingehen und z.B. malen können. Aber nein, das war ein sehr großes Gelände mit Spielplatz und vielen Möglichkeiten.

Was hast du gelernt, wovon du sagst: das nehme ich mit aus dieser Zeit?
Mehr Selbstvertrauen, dass ich mit Kindern arbeiten kann. Und dass es positive Überraschungen geben kann, wenn man erst nicht weiß, was auf einen zukommt und man denkt, dass es stressig werden kann mit den Kindern. Aber das war am Ende überhaupt nicht mehr so. Deshalb nehme ich mit, dass ich etwas nicht einschätzen sollte, bevor ich es nicht ausprobiere.

Würdest du irgendetwas noch verbessern oder ganz anders machen?
Nein, es war alles okay.

Fühltest du dich insgesamt wohl in der Einrichtung, mit den Kindern, mit der Anleitung?
Ja, sehr. Auch dass ich, wenn ich mit dem Rad ankam, erstmal etwas zu trinken und manchmal auch Kuchen bekommen habe; ich wurde richtig gut aufgenommen. Wir wollen auch den Kontakt miteinander halten, aber wegen der Schule geht das im Moment gerade nicht. Wenn ich mal Zeit habe, fahre ich einfach vorbei und schaue, wie es denen geht.

Hast du noch ein Beispiel für ein Angebot, wo die Kinder richtig neugierig und begeistert waren?
Ja. Ich musste mal einen kleinen Schrank bauen und da war ein kleiner Junge, der unbedingt mitmachen wollte. Ich hab ihm dann dies und das gezeigt, aber dann verlor er doch die Lust und wollte lieber spielen gehen. Das war wohl etwas viel für ihn, was wir da vorhatten.

Würdest du die Arbeit, die du gemacht hast, anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand deiner Meinung nach dafür?
Ja, das würde ich, aber es muss jemand richtig Motivation mitbringen, mit Kindern arbeiten zu wollen! Und viel Energie! Denn die Kinder haben auch viel Energie, wollen laufen und verstecken spielen, und das Gelände ist ja groß. Gut war, dass sie dann doch schneller müde wurden als ich.

Und dann

Arbeiten. Kind füttern. Schlafen. Nachdenken. Sich sorgen. Das Kind betreuen. Verreisen. Dem Kind zuhören. Arbeiten. Schulbrot machen. Wie ist das zu schaffen? Und was passiert dabei?

nachdenklicher Junge

Text: Frank Keil
Foto: macingosh, photocase.de

Männerbuch der Woche, 51te KW. – Heinz Helle erzählt in seinem tagebuchartigem Roman »Wellen« angenehm unaufgeregt von seinem Leben als Schriftsteller mit zwei Kindern – und wie beides seine Welt prägt.

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Papa in der Pandemie

Ein Buch über Kinder in der Pandemie und die Belastung, denen auch Väter ausgesetzt sind, wenn sie sich kümmern.

Vater und Sohn im Wald

Text: Ralf Ruhl
Foto: behrchen, photocase.de

Anton ist ein Bilderbuch-Papa. Also zum einen, weil dies eben ein Bilderbuch ist. Mit sehr schönen, kühlen Illustrationen von Marie Bonnin. Aber auch, weil er mit seinem Sohn Fred das macht, was er selbst als Kind gern gemacht hat. Draußen sein, in den Wald gehen, eine Hütte aus Birkenholz bauen. Aber dann kommt ein Anruf. Oma und Opa wollen zum ersten Mal in ihrem Leben in Urlaub fahren. Sie leben auf einem Bauernhof im Norden und so macht sich Papa auf, sie bei Kuh und Huhn zu vertreten. »Ich komme wieder, sobald sie zurück sind«, sagt er seinem Sohn. Klar versteht der das. Und Papa fährt weg. Nur kommt er leider nicht so schnell wieder …
Ein lesenswertes Buch, weil es vermutlich zum ersten Mal zeigt, wie auch Väter in der Pandemie unter den Kontaktabbrüchen zu ihren Kindern gelitten haben. Und dass es gelingen kann, diese »verlorene« Zeit zu überbrücken und an das Vorher anzuknüpfen.

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Von Boxhandschuhen, Wildschweinen & Segelbooten

Das Vertiefungsmodul »Genderreflektierende Jungen- und Männerarbeit« an der Hochschule Coburg

Boxhandschuhe an einer Holzwand

Text: Jona Dorr
Foto: ndanko, photocase.de

Erfahrungen mit einer Lehrveranstaltung zur Entwicklung einer professionellen genderreflektierenden Identität, mit der sich auch meine berufliche Zukunft besser planen lässt.

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