»Du machst mir Angst!«

Neues Video der Männerberatung der AWO Werra-Meißner und des Institut NoMos im YouTube-Kanal »Täterberatung Häusliche Gewalt«

Clown mit Maske im Halbdunkel

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Alexander Bentheim

 
Angst kennt jeder. Niemand will sie spüren. Weil sie mit Gefühlen von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein verbunden ist. Werden diese Gefühle ersetzt und überlagert mit Aggression und Gewalt, lösen sie Verunsicherung und genau diese Ängste aus bei jenen, die man liebt oder die einem sonst wichtig sind: Partner*in, Kinder, Angehörige.
Ralf Ruhl, Männerberater der AWO im Werra-Meißner-Kreis, und Robert Moos, Täter*innenberater beim Institut NoMos, zeigen in ihrem neuen Video:
_ welche Wirkung Angst auf die körperliche, seelische und soziale Gesundheit hat,
_ welche psychischen und sozialen Ursachen hinter angstauslösendem Verhalten stecken,
_ wie man* einen Weg aus diesem schmerzhaften Kreislauf finden kann.

NEU: »Du machst mir Angst!« (6’18“)

Die weiteren Videos als Einzelbeiträge:
:: Empathie – So lernst du Mitgefühl (4’54“)
:: Du hast es in der Hand – Vorstellung des Tutorials (4’30“)
:: Dein Krisenthermometer (4’04“)
:: Wut, Kränkung, Provokation (4’13“)
:: Dein Notfallplan (3’25“)
:: Bilanz und Konsequenzen der Tat (6’56“)
:: Gewaltspirale und Kreislauf der Liebe (6’40“)
:: Kinder und Häusliche Gewalt (5’23“)
:: Häusliche Gewalt und Kinder – Experte Manuel Schwab (7’09“)
:: Verhalten entsteht im Kopf (3’45“)
:: So gelingt Kommunikation (6’32“)
:: Wenn die Polizei kommt (7’25“)
:: Paardynamik (7’55)

Zum Videokanal Täterberatung Häusliche Gewalt mit allen Beiträgen

»You Don’t Need To Be Superheroes«

Einblicke in die vielfältigen Lebenslagen von Vätern – ein Projekt der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel

Collage von Vaterbildern

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Illustration: Collage aus eigenen Bildern des Vaterschaftsprojektes und des Blogs »@alltagsgewusel«

Das Vaterschaftsprojekt (VAPRO) unter der Leitung von Dr. Kim Bräuer am Institut für Soziologie, Arbeit und Organisation der TU Braunschweig liefert aktuelle Einblicke in die Wahrnehmung von Vätern und wie sie sich auf ihr soziales Umfeld und ihre mediale Community beziehen. Dafür wurden Väter u.a. gefragt, welche Erwartungen sie an sich selbst haben, wie ihr Alltag aussieht und von wem sie beim Ausüben ihrer Vaterschaft unterstützt werden. Um die Studienlage in Deutschland zu diesem Thema zu stärken, führte VAPRO in drei Erhebungszeiträumen zwischen April 2021 und August 2022 insgesamt 55 qualitative Interviews, eine Online-Befragung mit 2.200 Vätern und eine Medienanalyse von 7 Instagram-Accounts von Väterbloggern durch.



Ein hier anhängender Kurzbericht informiert über die wichtigsten Ergebnisse des Projektes. Viele weitere Infos zum Projekt, darunter auch mehrere Podcasts und die Langfassung, gibt es auf dem Portal des Familienbüro der TU Braunschweig und auf dem Instagram-Account »dadsaredads« des Projektes.

Männlichkeiten als Lebensweisen in Geschichte und Gegenwart

14.Tagung des Arbeitskreises AIM Gender vom 15.–17. Juni 2023 im Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim

Ein junger Mann schüttelt seinen Kopf

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: botho, photocase.de

Mannsein zu leben war nie ein einfaches Unterfangen, sondern gekennzeichnet von einer je historisch und soziokulturell spezifischen Verwobenheit von Privilegien, Abwertungen, Überlegenheiten und Unterdrückungen. Dabei geht es – oft nur unterschwellig oder unbewusst – auch um den Aufbau von Identitäten in Vergleich und Konkurrenz mit oder in Abgrenzung von »anderen«. Für die Stabilisierung, aber auch für die Veränderung von Männlichkeit spielen Sozialisation und Subjektivierung eine zentrale Rolle. Die Art und Weise, wie Männlichkeit gelebt wird, verändert sich im Lebensverlauf. Formen von Partnerschaften, Freundschaften, aber auch solitäre und ungebundene Lebensweisen bestimmen große Bereiche des Alltags von Männern, und sie werden sehr unterschiedlich erlebt.
Die Veranstaltung des Arbeitskreises für interdisziplinäre Männer- und Geschlechterforschung (AIM Gender) und des Fachbereiches Geschichte der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, in Kooperation mit dem Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Hildesheim, fragt in verschiedenen Themenfeldern – darunter: Queere Männlichkeiten / Männliches Leben im Spätmittelalter / Väterlichkeit / Männlichkeiten in der Kunst / Männliche Selbstkonstruktionen / Männliche Nahbeziehungen / Berufsmännlichkeiten – danach, wie Männlichkeit(en) alltäglich erlernt, erlebt, erfahren, erlitten und performativ hergestellt werden.

Alle Inhalte und Koordinaten zur Tagung finden sich im anhängenden Flyer.

Schatzsuche mit Goldsteinen

Ruphus Bo Wollberg über sein 3-Wochen-Praktikum im Spielhaus Wagrierweg, einer Niendorfer Einrichtung für Kinder mit einem Betreuungsangebot auch im Nachmittagsbereich

Bernstein im Sonnenlicht

Interview: Alexander Bentheim
Foto: Obivan, photocase.de

Ruphus, du hast dich im letzten Jahr für ein 3-Wochen-Schulpraktikum im Spielhaus Wagrierweg entschieden. Warum?
Ich fand es eine gute Idee, dass ich etwas mit Kindern mache, da ich mich auch vorher schon immer gefreut habe, wenn ich spielerisch mit Kindern zu tun hatte.

Was waren deine Aufgaben und Tätigkeiten?
Hauptsächlich habe ich auf die Kinder aufgepasst. Manchmal bin ich mit ihnen und Mitarbeiterinnen auch vom Spielhaus zu einem Spielplatz in der Nähe gegangen, ebenso habe ich ab und zu bei den Hausaufgaben oder beim Essen geholfen. Ich habe auch geschaut, dass es keine Streitigkeiten gibt, und wenn doch, dann habe ich schlichten geholfen.

Was hat dich am meisten beeindruckt während deiner Mitarbeit?
Am meisten hat mich tatsächlich beeindruckt, dass die Kinder – obwohl ja wirklich noch sehr jung – schon relativ gut als Team funktionierten. Also sie konnten schon recht gut miteinander interagieren, und sie haben sich zugehört. Klar, es gab hier und da mal ein paar Schwierigkeiten, aber insgesamt haben die sich gut miteinander verstanden.

Mit wie vielen Kindern hattest du zu tun und in welchem Alter waren diese?
Ich hatte quasi zwei Schichten am Tag, eine am Vormittag mit Kindergartenkindern, eine am Nachmittag mit Kindern auch im Grundschulalter. Ich hatte am Tag mit ca. 10 Kindern zu tun, die waren zwischen 3 und 6 Jahren, nachmittags auch bis 7 oder 8 Jahre alt.

Was hat dich überrascht, das du zuvor nicht gewusst hast?
Dass er deutlich anstrengender ist, der Job als Erzieher, als ich vorher gedacht habe.

Was hast du gelernt, wovon du sagst: das nehme ich mit aus diesen 3 Wochen?
Also wenn ich später Kinder haben sollte, dass ich auf jeden Fall Geduld aufbringe, weil vieles eben nicht einfach und schnell von der Hand geht.

Würdest du irgendetwas von dem, was du im Praktikum erlebt hast, noch verbessern oder auch anders machen
Ich würde gerne mehr Innenaktivitäten machen, aber das war jetzt wegen Corona wohl nicht möglich. Ich war eigentlich nur draußen mit den Kindern.

Fühltest du dich insgesamt wohl in der Einrichtung, mit den Kindern, mit der Anleitung?
Wohl auf jeden Fall, es war nur ein bisschen stressig und manchmal auch nervig, Kindern Dinge zu erklären, auch mehrfach, die halt erklärt werden müssen. Dass einige Kinder da manchmal etwas schwer von Begriff waren und nicht beim ersten Mal verstanden, was ich meine, das war schon anstrengend und auch zeitaufwändig.

Hast du noch ein Beispiel für ein Angebot, wo die Kinder richtig neugierig und begeistert waren?
Wir hatten mal die Aufgabe, einen »Piraten«-Tag mit den Kindern zu machen. Da hatten wir die Idee, wir sammeln große Steine, machen die sauber und malen die dann mit Goldfarbe an. Danach haben wir eine Schatzsuche gemacht und alle Kinder haben sofort gesagt: »Ja, da bin ich dabei!« Das war echt süß, wie alle gesucht haben auf dem Gelände, wo ein Goldstein versteckt sein könnte.

Würdest du die Arbeit anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand für diese Arbeit deiner Meinung nach?
Empfehlen würde ich auf jeden Fall, dass man geduldig ist und auch einiges tolerieren kann, weil die Kinder manchmal halt sehr zickig sein können. Aber wenn man damit klarkommt, würde ich diese Arbeit auf jeden Fall empfehlen.

Die Runden

Ein Ziel haben, nach Höherem streben, und zugleich auf dem Boden bleiben, im Alltag verhaftet. Das zu vereinen, muss Glück bedeuten.

Ein Taucher vor einer Wand mit Containern

Text: Frank Keil
Foto: Saimen., photocase.de

Männerbuch der Woche, 3te KW. – Arno Geiger erzählt in seinem neuen Buch »Das glückliche Geheimnis« von entscheidenden Lebensmomenten am Altpapiercontainer und damit dem allmählichen Werden eines Schriftstellers.

Zur Rezension

Papa-Lese-Liste | Update Januar 2023

Neue Ausgabe der Lese- und Medienempfehlungen für Väter und Großväter

Vater und Sohn betrachten ein Bilderbuch

Text: Alexander Bentheim
Foto: behrchen, photocase.de

Der Tradition verbunden, dem Neuen aufgeschlossen: Wieder gibt es eine neue Ausgabe der bekannten Papa-Lese-Liste vom Hildener Vater, Großvater, Rezensenten, Vorleser und 2018 auch mit dem Deutschen Lesepreis ausgezeichneten Christian Meyn-Schwarze. Auf mittlerweile 181 Seiten werden – mit Stand Dezember 2022 – zahlreiche lieferbare oder antiquarisch auffindbare Bücher und andere Medien vorgestellt, in denen aktive Väter, Großväter, soziale Väter dominant vertreten sind.
Zu seiner Motivation, diese Bücher zu sammeln und für die Papa-Lese-Liste seit über 20 Jahren kontinuierlich aufzubereiten, berichtete Christian umfänglich in einem früheren Beitrag.
Nach wie vor gilt, dass diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und die Auswahl und Bewertung subjektiv und zum Teil auch sehr persönlich sind. Gleichwohl lädt sie zum ausgiebigen Stöbern ein und können alle Bücher für Väter-Kinder-Veranstaltungen, Tagungen, Fortbildungen und wissenschaftliche Zwecke gegen eine Versandkostenerstattung bei Christian auch ausgeliehen werden, Kontakt: meynschwarze@t-online.de.

Die aktuelle »Papa-Liste« als PDF herunterladen.

»Alberner Penis« !?

Ein Body-Positivity-Bilderbuch für Kinder

Mann im Profil und Luftballons im Hintergrund

Text: Ralf Ruhl
Foto: cydonna, photocase.de

Rosie Haines »Es ist doch schön, nackt zu sein, denn jeder Körper ist ein Wunder!« ist eines der besten Bücher zum Thema Vielfalt, das ich je gesehen habe. Denn es kommt ohne jedes Moralisieren aus und vermittelt vor allem dies: die Freude am eigenen Körper. Allerdings mit einem kleinen Haken am – äääh – Haken …

Zur Rezension

Für Selbstfürsorge nur bedingt sensibel

Der fünfte Männergesundheitsbericht liefert aktuelle Daten, im Schwerpunkt diesmal zur Situation junger Männer. Manche Ergebnisse bleiben sorgenvoll, andere sind durchaus ermutigend.

Junger Mann sitzt nachts auf einer Wiese

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: Thosa Photo, photocase.de

Die spezifischen physischen und psychischen Probleme von Männern sind erst seit relativ kurzer Zeit Gegenstand gründlicher empirischer Forschung. Dabei stellen die rigiden Erwartungen an das angeblich »starke Geschlecht« schon lange ein erhöhtes Risiko für das allgemeine Wohlbefinden dar. Während sich Ansätze einer weiblichen Perspektive auf die Medizin schon vor der Jahrtausendwende etablierten, entwickelte sich erst mit erheblicher Verzögerung ein männliches Pendant. Nun hat die regierungsunabhängige, von Spenden finanzierte Stiftung Männergesundheit ihren bereits fünften »Männergesundheitsbericht« herausgegeben.
Die aktuelle Expertise behandelt das Thema »Junge Männer und ihre Gesundheit«. Im Zentrum der neuen Untersuchung steht eine umfangreiche Datenerhebung durch das Münchner Forschungsinstitut Kantar Public. Das wissenschaftliche Team befragte auf repräsentativer Basis über 2.000 junge Männer zwischen 16 und 28 Jahren; vergleichend wurden auch über 1.000 Frauen in diesem Alter interviewt. Als zentrale Erkenntnis konstatiert der Bericht, dass »Gesundheitsbewusstsein, Gesundheitsverhalten und Gesundheitsstatus der jungen Männer mit ihrer jeweiligen Vorstellung von der männlichen Geschlechtsrolle verbunden ist« (…)

Zur Rezension

»Kontinuität erleben und damit Selbstvertrauen für das Leben entwickeln«

Christian Herzog über seine Arbeit mit Jungs im Hamburger Stadtteil Bramfeld und warum er gerne auch mit jugendlichen Honorarkräften zusammenarbeitet.

drei Jugendliche sitzen vor einem Holzhaus

Interview: Alexander Bentheim
Foto: møt, photocase.de

Christian, du leitest seit Dezember 2018 die SGA Bramfeld. Was sind deine Kernanliegen in der Arbeit mit Jungen und Jungengruppen?
Ganz niedrigschwellig ausgedrückt: dass die Jungen lernen, ihre Interessen auszudrücken, auszuhandeln und Kompromisse zu finden. Und dass sie mich als Erwachsenen kennenlernen, den sie so nicht in ihren gewohnten Kontexten Familie und Schule haben, und mit dem sie auch anders als oft üblich reden und umgehen können.

Mit wie vielen Jungen hattest du bislang zu tun und in welchem Alter waren oder sind sie?
Angefangen habe ich mit 16 Jungen, und so viele waren es eigentlich auch immer, jedoch hab‘ ich recht bald zwei kleinere Gruppen aus ihnen gebildet. Dann hat es sich herumgesprochen, was wir in den Gruppentreffen machen, und dadurch haben auch andere Jungen die Einrichtung hier kennengelernt. Mit etwa 25 Jungen und Jugendlichen stehe ich seit Beginn im Kontakt, vereinzelt sind mittlerweile auch Mädchen dabei. Die Jungs waren zwischen 11 und 13 Jahre alt, jetzt sind sie zwischen 14 und 16. Die ersten Gruppen werden demnächst enden, und wenn ich eine neue Gruppe anfange, sind sie wieder 11-13 Jahre alt. Für die dann Ehemaligen werde ich aber noch ein Angebot für einmal im Monat stricken, den »Langen Freitag«, der ihnen ermöglicht, noch herzukommen. Weil, die sind es einfach gewohnt, sich nach der Schule hier Brötchen abzuholen, die ich vom Bäcker bekomme, und das wird weiterhin Bestandteil meines Angebots sein.

Kommen sie alle hier aus dem Stadtteil?
Die meisten Jungs gehen hier auf die »Dorfplatzschule« und wohnen in Bramfeld, teils auch in Farmsen. Mein Ansatz ist ein lebensweltlicher Ansatz: sobald die Jungs mit Bramfeld zu tun haben in irgendeiner Weise, ist die SGA offen für sie. Ich kriege auch Anfragen vom Jugendamt, ob ich mich um einzelne Fälle kümmern kann, und auch das mache ich. Diese Jungs gehören dann zwar nicht zu den Gruppen, aber ich war auch schon mal bei einem Familienrat dabei, weil ein Jugendlicher auf mich aufmerksam wurde und mich darum bat, dazu zu kommen.

Dann bist du mittlerweile so etwas wie ein Bezugspunkt für manche Jungs …
Also eigentlich bin ich hier so eine Art Anlaufstelle. Und mitbedingt oder auch verstärkt durch Corona habe ich mittlerweile auch einen sehr engen Kontakt zu bestimmten Schulen, ich stehe in einem guten Austausch zu den Vertrauenslehrer*innen auch von Farmsener Schulen.

Zu den Jungs, die bei dir als Honorarkräfte arbeiten können: Welche Aufgaben und Tätigkeiten vergibst du an sie, was erwartest du von ihnen, was können sie lernen?
Ich bin immer auf der Suche nach männlichen Jugendlichen oder jungerwachsenen Männern, so ab 17 Jahre aufwärts, die Interesse daran haben, sich in einem sozialen Beruf auszuprobieren. Auch dafür ist die SGA da, dass Interessierte die Gruppentreffen mit mir gestalten oder Ferienprogramme mit vorbereiten oder Ausflüge mitmachen und Aktionen planen. Ich nehme immer gerne Honorarkräfte mit ins Boot, im letzten Jahr hatte ich vier, gerne auch mit den Kompetenzen, die sie mitbringen. Einer ist z.B. handwerklich sehr begabt, der andere spielt Eishockey, und danach baue ich die Angebote auch gerne auf oder die Ausflüge. Ich achte dabei sehr darauf, dass sie das im geschützten Rahmen machen, dass ich immer dabei bin und dass ich das Meiste der Vorbereitungen übernehme. Sie sollen sich ausprobieren können und ich stehe hinter ihnen und halte ihnen den Rücken frei. Übrigens auch die, die gerne etwas vermitteln oder beibringen möchten, können sich im Rahmen eines Lernförderprogramms ebenso bei mir melden. Ich bin in der glücklichen Lage, dafür extra Fördermittel zu haben.

Was hat dich am meisten beeindruckt während deiner Anleitungen?
Die Zuverlässigkeit. Und die innere Verbindung in deren Arbeit mit den Jungs zu meiner Arbeit. Ja, auch das Durchstehen von Frustmomenten, und tatsächlich manchmal auch die Souveränität, mit der die jungen Honorarkräfte alles angehen, das hat mir echt gut gefallen.

Was hat dich überrascht, wovon du zuvor nicht gewusst hast? Bei den Jungen und bei dir selbst?
Wenn ich mich zum Beispiel ad hoc mal um einen einzelnen Jungen kümmern musste, auch rausziehen musste, und meine Honorarjungs mir dann den Rücken frei gehalten haben. Ich hatte mal die Polizei hier, weil einer der Gruppenjungs beim Klauen erwischt wurde, und ich musste mich von jetzt auf gleich darum kümmern. Da konnte ich den Gruppenprozess meinen Honorarjungs einfach vertrauensvoll übergeben und sie haben das übernommen und richtig gut gemanagt.

Hast du ein Beispiel für eine Maßnahme oder ein Ereignis, wo deine Anleiter-Jungs richtig neugierig und begeistert waren?
Ja, wenn wir Ausflüge gemacht haben, vor allem, wenn wir übers Wochenende weggefahren sind. Das hat für die Honorarkräfte einen ähnlichen Effekt wie für die Jungs, für die das eigentliche Angebot ist. Nämlich: raus aus dem Kontext, rein in etwas Fremdes, sich da dann organisieren und gucken, wie funktioniert etwas, wie machen wir es.

Was sollten deine Honorarjungs »drauf« haben, wenn sie ihre Mitarbeit hier beenden?
Sie sollten unterscheiden können zwischen ihren eigenen Interessen und denen der Jugendlichen, sollten wissen: was ist mein Thema, und was ist das Thema der Jungs in der Gruppe. Und ja, ich möchte auch gern, dass sie über die Zeit immer mehr Verantwortung übernommen haben.

Was würdest du verbessern oder auch anders machen, wenn du die Möglichkeit dazu hättest – z.B. zeitlich oder von den Rahmenbedingungen her?
Ich würde gern mehr Honorarmittel zur Verfügung haben, um einen gewissen Puffer bei den Einsatzmöglichkeiten und auch für überraschenden Notwendigkeiten zu haben. Und ich fände das auch dafür schön, dass die Honorarkräfte nicht nur montags kommen, sondern auch mal unter der Woche, damit sie etwas mehr vom Gruppengeschehen mitkriegen und nicht so viel berichten muss, was angefallen ist. Und ja, auch strukturell mehr Möglichkeiten zu haben, denn die Gruppentreffen hängen an meiner Person, und da mal abgeben zu können, wenn ich z.B. krank bin, das wäre schon entlastend, damit die Verbindlichkeit für die Gruppenjungs weiterläuft. Das ist wahrscheinlich utopisch, aber das wäre ein Wunsch.

Welche Voraussetzungen bräuchte jemand – deiner Meinung nach – um diese Arbeit zu machen, die du machst?
Selbstmotivation. Du musst dich motivieren, aber auch hinterfragen können. Das kommt daher, dass ich kein Team und keinen Kollegen habe. Ich muss hier einfach machen, wenn es weitergehen soll und ich etwas erreichen will; sich einfach gemütlich einrichten geht nicht. Hilfreich ist dabei sehr, dass ich einen tollen Chef habe, der mir vertraut. Und eine Kollegin in einem anderen Haus der Jugend habe ich für den kollegialen Austausch, aber so einzelkämpferisch braucht es auch ein hohes Maß an Selbstdisziplin.

Was wäre dir noch wichtig noch zu sagen?
Ich komme ja aus der Offenen Arbeit, finde es aber sehr spannend zu erleben, was in den nun quasi selbst »geschlossenen« Gruppen dann an Prozessen – im geschützten Rahmen – alles möglich ist. Als ich damit angefangen habe, hätte ich nicht gedacht, dass das so gut funktioniert und wie erfüllend diese Arbeit sein kann. Und ich denke, auch für die Honorarkräfte mit sagen zu können: wie wichtig es ist für die Jungs, hier Kontinuität zu erleben und damit Vertrauen und Selbstvertrauen für ihr Leben zu entwickeln. Und für die Honorarkräfte, ebenso wie für die »Gruppenjungs«: es geht immer um Möglichkeitsräume, wo sie erleben, wie wirkungsmächtig ihr Tun in diesem Räumen sein kann.

Christians Angebot für Jugendliche, die sich für eine Mitarbeit interessieren, findet ihr hier.

»Mehr Selbstvertrauen, dass ich mit Kindern arbeiten kann.«

Emilio Centanaro, 15, über seine Erfahrungen auf dem Hamburger Bauspielplatz Rahlstedt-Ost und was sein Praktikum mit Motivation und Selbstvertrauen zu tun hat.

Junge spielt in einer Waldhütte

Interview: Alexander Bentheim
Foto: coscaron, photocase.de

Emilio, warum ein Praktikum auf einem Bauspielplatz?
Ich fand es interessant, weil ich noch nie so richtig mit Kindern gearbeitet habe. Christian Herzog von der SGA Bramfeld hat mir das Praktikum vorgeschlagen und ich fand das okay und richtig super, die Kinder waren voll nett, und wir konnten da ein bisschen was bauen.

Was waren deine Aufgaben und Tätigkeiten?
Die meiste Zeit habe ich mit den Kindern im Gelände gespielt und auch aufgepasst, dass nichts passiert. Ich habe in der Werkstatt mitgeholfen und Werkzeug an die Kinder ausgeliehen. In der letzten Woche haben wir dann zusammen ein Fahrrad repariert.

Was hat dich auf dem Baui am meisten beeindruckt?
Wie nett die Leute da sind und wie die Kinder einem zuhören können; sie waren nicht so anstrengend wie ich das erwartet hatte.

Mit wie vielen Kindern hattest du zu tun und in welchem Alter waren diese?
Das waren so 6-8 Kinder, sie waren etwa 7 bis 8 Jahre alt.

Was hat dich überrascht, wovon du zuvor nicht gewusst hast?
Dass der Baui so groß ist, das habe ich nicht erwartet. Ich dachte, es gibt nur einen kleinen Raum, in den die Kinder reingehen und z.B. malen können. Aber nein, das war ein sehr großes Gelände mit Spielplatz und vielen Möglichkeiten.

Was hast du gelernt, wovon du sagst: das nehme ich mit aus dieser Zeit?
Mehr Selbstvertrauen, dass ich mit Kindern arbeiten kann. Und dass es positive Überraschungen geben kann, wenn man erst nicht weiß, was auf einen zukommt und man denkt, dass es stressig werden kann mit den Kindern. Aber das war am Ende überhaupt nicht mehr so. Deshalb nehme ich mit, dass ich etwas nicht einschätzen sollte, bevor ich es nicht ausprobiere.

Würdest du irgendetwas noch verbessern oder ganz anders machen?
Nein, es war alles okay.

Fühltest du dich insgesamt wohl in der Einrichtung, mit den Kindern, mit der Anleitung?
Ja, sehr. Auch dass ich, wenn ich mit dem Rad ankam, erstmal etwas zu trinken und manchmal auch Kuchen bekommen habe; ich wurde richtig gut aufgenommen. Wir wollen auch den Kontakt miteinander halten, aber wegen der Schule geht das im Moment gerade nicht. Wenn ich mal Zeit habe, fahre ich einfach vorbei und schaue, wie es denen geht.

Hast du noch ein Beispiel für ein Angebot, wo die Kinder richtig neugierig und begeistert waren?
Ja. Ich musste mal einen kleinen Schrank bauen und da war ein kleiner Junge, der unbedingt mitmachen wollte. Ich hab ihm dann dies und das gezeigt, aber dann verlor er doch die Lust und wollte lieber spielen gehen. Das war wohl etwas viel für ihn, was wir da vorhatten.

Würdest du die Arbeit, die du gemacht hast, anderen empfehlen? Und welche Voraussetzungen bräuchte jemand deiner Meinung nach dafür?
Ja, das würde ich, aber es muss jemand richtig Motivation mitbringen, mit Kindern arbeiten zu wollen! Und viel Energie! Denn die Kinder haben auch viel Energie, wollen laufen und verstecken spielen, und das Gelände ist ja groß. Gut war, dass sie dann doch schneller müde wurden als ich.