Später ist es irgendwann zu spät

Es kommt nicht drauf an, den Gipfel zu bezwingen, sondern zu wissen, wann man umkehren muss.

zwei Männer vor einem Haus

Text und Foto: Tom Focke
Schwerpunkt »Endlichkeiten«


Also mein Leben ist eine Uhr, oder ein Kuchen. Geviertelt. Das letzte Viertel bricht an. Vielleicht wird es das Schönste nach der Jugend. Als Atheist glaube ich im Gegensatz zu Udo Lindenberg nicht daran, dass es hinter‘m Horizont weitergeht; im Radio läuft ein Podcast »Der Tod gehört zum Leben«.

Nach 40 Jahren Selbständigkeit als Tischlermeister fahre ich noch Senioren zur Tagespflege – es ist ein guter Abschluss, gerade zum Thema Endlichkeit. Da ich so ziemlich alle Gebrechen an Bord habe, überlege ich gerade, was besser ist, Schlaganfall oder Demenz. Ich entscheide mich für Schlaganfall, sollte es soweit sein, denn dann kann ich noch mit Leuten plaudern, wenn alles gut geht, so wie oben im Bild mit Genosse Scharfenberg, früher VoPo, dann Westcop und jetzt im betreuten Wohnen. Dafür erzähle ich ihm von den Grenztruppen der DDR, wo ich als Kurier mal eine Bild-Zeitung nach Berlin fahren musste. War ja schließlich ein Grenzdurchbruch und faxen konnte man nicht. Mit Demenz wird‘s schwierig mit der Konversation, die ich so liebe.

Ja, nach fünf Kindern, mehreren Häusern und einigen Turbulenzen werden meine eher rückständigen Tugenden Demut und Geduld noch etwas weiterentwickelt, denn die Endlichkeit nun täglich vor Augen und zuvor jahrzehntelang verdrängt, fühle ich mich jetzt gewappnet für die Dinge, die da noch kommen. Gute Freunde und Freundinnen haben mittlerweile Krebs – was auch ich meinem sudeten-wolgadeutschen Körper über die Jahre angeboten habe, war schon fahrlässig. Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen bei jeder Zigarette – mit so viel mühsam errungener Erkenntnis und Lebenslust wäre es jetzt echt blöd, vor der Ziellinie zu sterben. Aber Helmut Schmidt ist mein Argument: alles kann, nichts muss.

Ich bin jedoch auch vorbereitet, Patientenverfügung, etwas Rente und frei im Kopf, freue ich mich auf die nächsten 10 Jahre und ziehe nach MV. Vier Wohnungen und eine Scheune bieten genug Möglichkeiten für MännerWG, FeWo, Werkstatt oder Pflegefachkraft. »Oben fit und unten dicht – mehr wünsch‘ ich mir für‘s Alter nicht«? Mal schauen was wird … Es kommt nicht drauf an, den Gipfel zu bezwingen, sondern zu wissen, wann man umkehren muss. Zweite Scheidung läuft 🙂

Hauptsache lesen

So viele Bücher wollen gelesen werden. Und dann gibt es auch noch Bücher über Bücher.

Ein Mann sitzt auf einer Bank in der U-Bahn und liest

Text: Frank Keil
Foto: Vincent M.A. Janssen, pexels.com

 
Männerbuch der Woche, 17te KW. – Der Schriftsteller und nun bald ehemalige Leiter des Hamburger Literaturhauses Rainer Moritz bietet mit »Mögen Sie Madame Bovary?« (mehr als) eine kurzweilige wie kluge und auch sehr praktische Liste lesenswerter Bücher und immer auch ihrer Autoren und AutorInnen.

Zur Rezension

Jugend forscht!

Neugier geweckt. Studium der Chemie oder Wasserwirtschaft folgt später.

Text und Foto: Alexander Bentheim
Reihe »Bilder und ihre Geschichte«


Spaziergang mit Freunden durch Hamburg-Altona, Sommer 2007, die Kamera liegt locker in der Hand. Wir biegen um eine Ecke, vor uns diese Szene. Jetzt nicht lange zögern, das kenne ich schon, Kamera hoch, kein Justieren von Brennweite oder Belichtungszeit, einfach auslösen, vielleicht habe ich Glück. Der Junge ist auch nicht sofort erkennbar, und das ist gut so.
Eine Sekunde später ist die Szene vorbei. Der Vater hatte den Jungen gerufen, der sich erhob, umdrehte und ihm nachlief. Der Fotograf hinterher.
»Darf dieses Bild veröffentlicht werden?« Der Vater runzelt die Stirn, das sei doch kein richtiges Foto, da sei doch nichts zu erkennen (er hat offenbar andere Vorstellungen von einem interessanten Bild), murmelt dann ein »Okay«. Er sei jedoch in Eile, ein Geschäft schließe gleich, Adressen können also nicht mehr getauscht werden. Ich bleibe zurück mit einem Foto, das zu einem meiner Lieblingsbilder werden wird.



Mehr aus der Reihe »Bilder und ihre Geschichte« im Archiv.

Projekt »Männerschuppen« gegen Einsamkeit im Alter

Einladung der Stiftung Männergesundheit zur 2. Online-Konferenz am 04.12.23

zwei Männer auf einer Bank hinter einem alten Baum

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: inuit, photocase.de

 
Im Juni 2023 veranstaltete die Stiftung Männergesundheit erfolgreich eine Konferenz über »Männerschuppen« in Deutschland, einem Projekt, das dazu beiträgt, Einsamkeit zu überwinden und das Wohlbefinden vor allem älterer Männer zu steigern, etwa nach Eintreten des Altersruhestandes. Ziel ist, die Initiative »Men’s Sheds« zu unterstützen, die nach Erfahrungen vieler anderer Länder einen ausgesprochenen gesundheitsfördernden Aspekt hat. Angesichts des positiven Feedbacks und des regen Interesses an diesem Thema gibt es nun eine Fortsetzung, und zwar in einer 2. Online-Konferenz am Montag, 04.12.23, von 14-17 Uhr.

Auf dem Programm stehen – unter Leitung von Prof. Doris Bardehle, Koordinatorin des wissenschaftlichen Beirates der Stiftung – Impulsvorträge und Diskussionen zu verschiedenen Schwerpunkten und Fragen im Zusammenhang mit der Gründung und dem Betrieb von »Männerschuppen«, darunter: Wie gründe ich einen »Männerschuppen«? Wie kann man aus befristeten Projekten einen dauerhaften »Männerschuppen« profilieren? Welche Möglichkeiten bieten Mehrgenerationenhäuser zur Gründung von »Männerschuppen«? Wie können Männernetzwerke, Seniorenbüros, Krankenkassen, Abgeordnete, Kirchen, Fachgesellschaften, Hochschulen »Männerschuppen« unterstützen? Wie sollte die Gesundheitsförderung integriert werden und können gesundheitsfördernde Effekte bemessen werden?

Die Registrierung ist kostenfrei und erfolgt per eMail. Alle weiteren Infos, ein Flyer, das Programm und die Anmeldemöglichkeit gibt es hier.

Dem Zufall auf der Spur

Plötzlich wird und ist alles anders. Von einer Minute auf die andere. Können wir dennoch über unser Leben bestimmen? Also wenigstens ein bisschen?

Mann mit geschlossenen Augen in Angst

Text: Frank Keil
Foto: Karlsbart, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 39te KW. – Rudolf Habringer erweist sich in »Diese paar Minuten« einmal mehr als brillanter Erzähler.

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Die langweiligste Geschichte der Welt

Noch einmal wird der Sommer lebendig, dessen große und kleine Episoden oft Glück und auch Melancholie hinterlassen.

Menschen auf einem Sprungturm im Freibad

Text: Frank Keil
Foto: pontchen, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 38te KW. – Der Sommer ist vorbei. Es wird wieder früh dunkel. Aber es gibt ein Buch, das alles wieder hervorzaubert: die sich aufbauende Hitze und die Abkühlung, den Sprung ins Wasser und das Auftauchen, den Beginn und den Abschied von allem. Arno Frank entwirft in seinem Freibad-Roman »Seemann vom Siebener« ein sprudelndes Lebenspanorama an nur einem Tag.

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Hinter dem Praterstern

Immer geht es weiter, es passiert das nächste und das nächste … Doch was ist mit denen, die nicht können oder wollen, dass das Tempo immer wieder immer weiter anzieht?

Männer in einem Wiener Caféhaus

Text: Frank Keil
Foto: martinsombrero, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 34te KW. – Robert Seethaler bietet mit »Das Café ohne Namen« eine das Heute berührende Zeitreise ins Wien der 1960er-70er-Jahre.

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»Und immer, immer wieder geht die Sonne auf«

Ohne Schlager geht es nicht. Erst recht, wenn man sich mit dem Werk und Leben von Udo Bockelmann beschäftigt.

Rückansicht eines Pianisten am Klavier

Text: Frank Keil
Foto: Jazzid, photocase.de

Männerbuch der Woche, 16te KW. – Rainer Moritz nähert sich mit »Udo Jürgens« sehr klug dem gleichnamigen Schlagersänger und dessen Weg aus Kärnten in die Bonner und dann die Berliner Republik.

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Erektion auf Rezept

Vor 25 Jahren wurde das Potenzmittel Viagra zugelassen, damals eine pharmazeutische Sensation. Medizin und Sexualtherapie streiten aber bis heute über die Wirksamkeit.

ein Mann macht eine Fingerbewegung für einen Größenvergleich

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: fabsn, photocase.de


Erektionsprobleme sind nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu. Den betroffenen Männern sind ihre Schwierigkeiten oft peinlich, sie reden darüber nicht mal mit engen Freunden. Stattdessen kaufen und schlucken sie heimlich potenzfördernde Mittel, oft ohne jede medizinische Beratung. Dieser rein pharmakologische Zugang war wissenschaftlich stets umstritten. Wichtiger als die Einnahme von Medikamenten sei die psychische Auseinandersetzung mit den eigenen Schwierigkeiten, kritisieren vor allem Sexualtherapeuten. Hinter der Kontroverse steckt auch die Rivalität der heilenden Professionen. Während die Medizin auf physiologische Befunde wie verengte Blutgefäße verweist, betont die Psychologie die vorrangige Rolle der Seele. Zum Wesen der Sexualität gehöre ihre Unkalkulierbarkeit, kein Mann könne die körperlichen Anzeichen von Erregung willkürlich hervorrufen.

Zum Beitrag

Unterwegs ins sehnsuchtsvolle Kalte

Süden. Norden. Osten oder Westen. Wo soll es hingehen? Und wird man dort glücklich und wenn ja, warum?

Gletscher in der Arktis

Text: Frank Keil
Foto: Vobelima, photocase.de

Männerbuch der Woche, 10te KW. – Stefan Moster reist in »Das Fundament des Eisbergs« mit uns so gedanklich schwärmend wie zugleich solide kenntnissicher in die Arktis. Und erzählt gekonnt eine Mentalitätsgeschichte der Entdecker-Sehnsüchte und des Reisens gen Norden.

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