Judas auf dem Lande

Und dann steht man da und ein Leben geht zu Ende. Was war vorher? Und wie ist es zu dem gekommen, was nun ist?

Ein Bauer wendet Heu

Text: Frank Keil
Foto: cw-design, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 16te KW. – Der deutsch-niederländische Autor Willi Achten lässt in seinem neuen und tieftraurigen Roman »Die Einmaligkeit des Lebens« zwei Brüder miteinander leben, während um sie herum die Welt abgebaggert wird.

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»Vorfahrten, die es längst nicht mehr geben dürfte«

In einer aktuellen Veröffentlichung wird analysiert, wie männerdominierte Netzwerke in Autokonzernen, Wissenschaft, Politik und Lobbyverbänden eine »zukunftsfähige Mobilität« verhindern.

Person mit buntem Regenschirm wird nassgespritzt von vorbeifahrendem Auto

Text/Interview: Thomas Gesterkamp
Foto: Fotoline, photocase.de

 
In einem früheren Buch hat Boris von Heesen untersucht, welchen gesellschaftlichen Preis das Patriarchat verursacht, »Was Männer kosten« lautete der plakative Titel. In seinem jüngsten Werk nimmt sich der Darmstädter Ökonom nun den »Mann am Steuer« vor: jenen (nicht unbedingt die Mehrheit bildenden) Teil des männlichen Geschlechts, der mit überdimensionierten Fahrzeugen, aggressivem Verhalten und unangemessener Lautstärke die deutschen Straßen beherrscht. – Ein Gespräch mit dem Autor.

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Feste Drup

Posing für’s Betriebsalbum

Text und Foto: Georg Schierling
Reihe »Bilder und ihre Geschichte«


Arbeitskollegen und Gesellen des Klempnerbetriebs meines Großvaters (2. von links) versammeln sich für den Fotografen mit Hämmern und Maulschlüsseln, aber auch mit Hut und Krawatte, vor einem fertiggestellten Lagertank / Silo am Duisburger Hauptbahnhof; Auftraggeber war die Reichsbahn. »Feste Drup« als Motto auf dem Hammer in der oberen Bildmitte symbolisiert die Kraft und Härte, mit der der Beruf offenbar im Wesentlichen ausgeführt wurde. Daneben zeigt die Verwendung des Mottos, dass die Sprache der Handwerker und Arbeiter der Dialekt war – kein Hochdeutsch. Und ja, der handwerkliche Beruf wurde mit Kraft und Härte, Ausdauer, Geschicklichkeit und Durchhaltevermögen ausgeübt; »Feste Drup« zeigt damit auch, sich »durchbeißen« zu können. Und nicht zu vergessen: Damals gab es noch keine 40-Stunden-Woche. Es wurde sowieso insgesamt länger gearbeitet, und der Samstag war ein normaler Arbeitstag.
Das Gruppenbild zeigt aber auch den Stolz auf die gemeinsam fertiggestellte Arbeit. Die Kameradschaft der Arbeitenden – so nannte man Teamgeist damals – war selbstverständlich.

Mehr Bilder aus der Reihe »Bilder und ihre Geschichte« gibt’s im Archiv.

Die Welt, von den Füßen aus betrachtet

Putin, Trump, Erdogan: alles großer Mist. Und es wird ja noch schlimmer werden. Trost und Hoffnung auf Vorrat verschafft einem da die wunderbare Mini-Serie »Marzahn Mon Amour«.

Szenenbild Marzahn Mon Amour in der Fußpflegepraxis

Text: Frank Keil
Szenenfoto: Oliver Vaccaro/UFA Fiction/ARD

 
Was so ein weißer Kittel ausrichten kann. Ihn übergestreift, schon ist man jemand anders. Vielleicht nicht ganz anders ist man, aber ein Anfang ist gemacht: der weiße Kittel als Chance. Als Neuanfang, als Hoffnung, dass es besser wird, langsam.
Wir lernen Katharina »Kathi« Garbowski kennen, da bekennt sie uns gegenüber ihr Scheitern als Schriftstellerin. Kaum noch Aufträge, der Mann ist weg und mit ihm manches Möbelstück. Also hat sie umgesattelt, hat sich als Fußpflegerin umschulen lassen. Ausgebildet also ist sie, aber Berufserfahrung: keine. Einen kleinen Moment lang schwebt ein »leider nein«, durch die Luft, als sie sich in der »Beauty Oase Marzahn« vorstellt, das ein kurzes »Okay« wird. Okay – mehr braucht es nicht. Nun gehört sie dazu, drei Frauen unter einem Dach: die immer ein wenig unter Druck stehende Chefin Jenny (Yvonne Yung Hee Bormann), die leicht exaltierte und trotz Rückenschmerzen lebenslustige Lulu (Deborah Kaufmann) und eben Kathi, gespielt von einer erneut großartigen Jördis Triebel.

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Neue Typenlehre mit Rechtsdrall

Eine aktuelle Studie geht dem Phänomen der vermehrten Orientierung junger Männer an traditionellen, autoritären, rechten bis rechtsextremen Einstellungen nach und empfiehlt »professionelle junge Männerarbeit«.

drei junge Männer schauen über einen Zaun

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: schifferklavier, photocase.de (Symbolbild)

 
Über die Lebenslagen von Männern zwischen 18 und 29 Jahren ist bislang relativ wenig bekannt. Wissenschaftliche Untersuchungen konzentrierten sich in der Vergangenheit vorwiegend auf die biografischen Phasen von Kindheit und Jugend – oder sie nahmen männliche Erwachsene unabhängig von ihrem Alter in den Blick. Carsten Wippermann vom DELTA-Institut für Sozial- und Ökologieforschung im bayerischen Penzberg versucht diese empirische Lücke zu schließen. Auftraggeber seiner gerade veröffentlichten Studie ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

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Aber das Buch über Hitlers Leibarzt bleibt

Nach 28 Jahren muss ich mein Büro räumen und mich von vielem trennen. Jeder Griff ins Regal ist auch ein Griff in mein Leben.

Ein Mann sitzt in einem Büro

Text: Frank Keil
Foto: cw-design, photocase.de

 
Und dann kam die Kündigung. Sie kam nicht wirklich überraschend. Eines Tages würde es so weit sein, das wussten wir, das wusste ich, und neuerdings gingen so Männer unten über den Hof, mit Tablets in den Händen, auf denen sie etwas eintrugen, während sie an der Fassade unseres backsteinernen Gebäudes hinaufschauten. Das waren keine guten Zeichen.
Wir sind zu viert, teilen uns eine Etage, sind eine Bürogemeinschaft, wie man das nennt, aber ich will hier nur über mich schreiben. Über mich und mein großes Zimmer; ein Zimmer mit zwei Fenstern, ein Zimmer für mich allein, zum Schreiben, zum Arbeiten, wie es immer wieder postuliert wird, ein literarischer Topos, und dass ich nun verlassen muss, das ich aufgeben muss. Nach 28 Jahren …

Zum Rückblick

Rätselhafte Wesen schauen dich an. Und dann du sie.

Die Berliner Ausstellung »Still Moving« mit Porträts der niederländischen Fotografin Rineke Dijkstra nimmt uns mit in die nicht nur visuelle Welt des Werdens unserer Körper, Gesten und Erscheinungen.

Jugendliche im Park

Text: Frank Keil
Foto: Rineke Dijkstra

 
»Still Moving« mit Arbeiten der niederländischen Fotografin Rineke Dijkstra, die von 1992 bis ins eben noch präsente 2024 reichen, ist eine bemerkenswert intensive Ausstellung. Das liegt zum einen auch daran, dass die Berlinische Galerie per se ein wunderbar helles und luftiges Ausstellungshaus ist; und zum anderen hat man in diesem Dijkstras beeindruckendes Werke sehr klug gehängt. So sind diese thematisch gebündelt, es werden aber auch immer wieder sehr galant sanfte Übergänge zwischen den Themengruppen gesetzt, und so schreitet man ganz unmerklich entspannt durch die ineinander gehenden Räume. Und irgendwann – das sei versprochen – schaut man so nach links und rechts auf die anderen Besucher und Besucherinnen und dann auf sich selbst und fragt sich mehr oder weniger direkt: Und wie sehe ich aus? Wie würde ich mich geben? Wie würde ich mich zeigen und was ist dann in den Blicken der anderen von mir zu sehen? Was ist überhaupt mit mir und was ist mit uns in all den vergangenen Jahren oder mittlerweile Jahrzehnten passiert und was wird noch passieren und wie blicken wir dann in die Welt, dass sie uns sieht und anschaut?

Zum gesamten Ausstellungsbesuch

»Das geht alles mit rechten Dingen zu.«

Die erste Liebe, so heißt es, prägt einen ein Leben lang. Was aber, wenn dieser Liebe sich ein Staat entgegenstellt?

Mann auf Motorrad gegen das Abendlicht

Text: Frank Keil
Foto: Djordje Petrovic, pexels.com

 
Männerbuch der Woche, 51te KW. – Charlotte Gneuß lässt in ihrem kraftvoll-rauen Debüt-Roman »Gittersee« ihre Heldin so entschlossen wie verwirrt nach ihrem Paul suchen.

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»Besser spät als nie und lieber erst einmal wenig als gar nichts.«

Hamburger Initiative für eine Schutzunterkunft für Männer und nicht-binäre Menschen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind

Mann an einer Wand von hinten fotografiert

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: froodmat, photocase.de


Wichtiger Impuls: die Hamburger GRÜNEN haben es geschafft, Gelder für eine Schutzwohnung für Männer und nicht-binäre Menschen im Haushalt 2025/26 bereitzustellen. Für die Umsetzung eines geplant zweijährigen Modellprojektes mit drei Schutzplätzen wird die Sozialbehörde zuständig sein, voraussichtlich wird es eine Ausschreibung geben, auf die sich Träger bewerben können. Wie Adrian Hector, Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft und Sprecher für geschlechtliche Vielfalt bei den GRÜNEN, in seinem Instagram-Kanal mitteilt, wird zugleich das Beratungsangebot für Jungen und Männer gestärkt, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind. »Mehr als jedes vierte Opfer häuslicher Gewalt ist männlich: In absoluten Zahlen waren dies laut BKA-Bundeslagebild zur häuslichen Gewalt 28,9 Prozent im Jahr 2022. Insgesamt zeigten 69.471 Männer im Jahr 2022 eine erlebte Gewalttat im Bereich Partnerschaftsgewalt oder innerfamiliäre Gewalt an«, so Hector, und ergänzt: »Auch von Menschenhandel betroffene Männer und nicht-binäre Personen bedürfen des Schutzes«. Insgesamt gibt es nur wenige Schutzeinrichtungen für von Häuslicher Gewalt betroffene männliche Personen im Bundesgebiet (eine stets aktuelle Gesamtübersicht gibt es von der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz) und in Hamburg fehlt bislang eine solche Schutzeinrichtung, sodass sich Schutzsuchende an Einrichtungen in anderen Bundesländern wenden müssen. Dem GRÜNEN-Vorhaben ist also maximaler Erfolg zu wünschen!

Vom Hashtag zum globalen Massenprotest

Recherchen über sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch in der Arbeitswelt und die notwendige Wahrnehmung der Erfahrungen anderer, um selbst erlebten Missbrauch erkennen zu können.

Frau hält sich ihre Hände vor das Gesicht

Text: Thomas Gesterkamp, zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Foto: PCK-Photography, photocase.de

 
Was ist ein harmloser Flirt, was schon belästigend oder gar sexuell übergriffig? Wie kann ein Mann einer Frau signalisieren, dass sie ihm gefällt, ohne dass sein Verhalten gleich als »toxisch« angesehen wird? Die enorme Resonanz auf den Hashtag #MeToo hat viele Männer verunsichert, doch hinter dieser von Feministinnen ausgehenden Initiative steckt ein berechtigtes geschlechterpolitisches Anliegen. Denn viel zu lange wurden sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch bagatellisiert und verschwiegen. Juliane Löffler beschreibt in »Missbrauch, Macht und Gewalt«, was #MeToo in Deutschland verändert hat.

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