Über Menschen, Beziehungen und Freundschaften im alten und neuen Osten der Republik
Text: Jörg Schneider
Foto: dommy.de, photocase.de
Special: 25 Jahre Wiedervereinigung
Ich weiß noch, wie mein Vater ein halbes Jahr lang jeden Samstag um 6 Uhr aus dem Haus ging, um sich vor dem »Centrum-Warenhaus« in die Reihe der Menschen anzustellen, die etwas kaufen wollten. Der Laden machte zwar erst um 8 Uhr auf, aber mein Vater war bei weitem nicht der erste in der Schlange.
Er wollte nur einen Tiefkühlschrank für uns erwerben, denn das Einkochen der Früchte aus dem Garten war ein mühsames Geschäft. Und er wollte meiner Mutter die Arbeit erleichtern. Nun waren natürlich Kühlschränke durchaus im Kaufhaus zu sehen – leider nur als Ausstellungsstücke. Falls ein »Kontingent« eintraf, konnte man tatsächlich einen oder zwei Stück davon »normal« erwerben – wenn man der Erste war. Die restlichen wurden mehr oder weniger heimlich zurückgehalten – die waren dann »reserviert«. Reserviert für Menschen mit Beziehungen.
Ich bin kein Mensch, der vergangenen Zeiten hinterhertrauert. Ich lebe vollkommen im Jetzt und erwarte gespannt jeden neuen Tag. Aber eine Sache ist mir in den letzten Jahren immer deutlicher geworden: Wir haben uns sehr verändert!
Zum Beitrag