Von Soldaten, Torten und immer wieder Vätern

Das 25ste Filmfest Hamburg

Drei Männer im Auto - Szene aus dem Film Arrhythmia

Frank Keil

Ein Paradies für Cineasten: Zum 25sten Mal findet in Hamburg das Filmfest statt – und die MännerWege bieten eine spezielle Auswahl von Filmen, in denen eine bestimme Spezie eine Rolle spielt: Männer. Übrigens ein Filmfestival, das aus irgendeinem Grund nicht den Ruf hat, den es haben sollte, weil es einfach schlicht fabelhaft ist. Weil es gut zehn Tage lang (vom 5.-14. Oktober) Filmproduktionen aus Regionen und Ländern vorstellt, die man sonst kaum zu sehen bekommt. Und weil es interessante Filme denen vorzieht, die vielleicht kommerziell erfolgreicher sein könnten. (Foto © Filmfest Hamburg, Szene aus »Arrhythmia« von Boris Khlebnikov)

Das gesamte Programm und alle Infos sind auf der Seite www.filmfesthamburg.de nachzulesen. Und hier geht es zu unserer Auswahl.

Lob des Schweißes

»Miesten vuoro« – ein mehr als sehenswerter Film über finnische Saunen, schwitzende Männer, Erzählungen aus dem Leben und den Trost, den es manchmal braucht.

Eine Hütte vor weitem Horizont

Frank Keil

Finnland ist nicht nur das Land des Tangos, damit der Melancholie und der schweigsamen Männer: Finnland ist auch das Land der Sauna. Der Dokumentarfilm »Miesten vuoro« (dt. »Was Männer sonst nicht zeigen«) erzählt von finnischen Saunen und finnischen Männern und was passiert, wenn sich finnische Männer in finnische Saunen setzen und dort schnörkellos aus ihrem Leben erzählen. Ein Film, der nicht zuletzt auch ein Statement gegen das hektisch-aufdringliche Durcheinanderreden ist, ob bei Facebook, Twitter oder Whatsapp. Denn hier wird noch gesprochen. Persönlich. Wort für Wort. Von Mann zu Mann, sozusagen. (Foto © temperclayfilm)

Zur Filmbetrachung nebst Publikumsgespräch mit Regisseur Mika Hotakainen

Vaterschaft als Zeitenwende

Zweiteilige Doku von Tanja Reinhard und Jörg Laaks über »Väter – die neuen Helden« am 11.1. und 18.1. im WDR-Fernsehen.

Ein Koch bei der Arbeit

Alexander Bentheim (Redaktion)

Still, aber spürbar lösen die neuen Väter eine Revolution in unserer Gesellschaft aus. Über allem steht eine große Sehnsucht der Väter nach Zeit mit dem Kind. Sie wollen für sich etwas anderes als ihre Väter. Für sie ist die Vaterschaft eine Zeitenwende. Sie würden gerne weniger arbeiten und sind bereit, weniger zu verdienen oder sogar vorübergehend auf die Karriere zu verzichten.

Patrick Krings ist 26 und wird in wenigen Wochen Vater. Seine volle Stelle wird er aufgeben. Er und seine Frau wollen beide genug Zeit für ihr Kind haben. Marcel Schiefer (oben im Bild) ist einer der jüngsten Sterneköche in Deutschland und seit zwei Jahren Vater. Der Düsseldorfer sieht seinen Sohn so gut wie gar nicht, so anspruchsvoll ist es, das Sterne-Restaurant in Düsseldorf zu führen. Muss das alles wirklich sein? Er wird seinen Michelin-Stern abgeben, um mehr Zeit mit seinem Sohn verbringen zu können. Thomas Martha ist Vater einer anderthalbjährigen Tochter und zuständig für Frühstück und zur-Kita-bringen. Seine Tochter ist in der Kita auf dem unternehmenseigenen Campus untergebracht. Und sein Arbeitgeber schafft gerade die Präsenzkultur ab. Wenn er wollte, könnte Thomas Martha die Hälfte der Woche von zuhause arbeiten – ein Idealzustand für den jungen Familienvater.

Neue Aufgaben, neue Herausforderungen, und damit auch neue Rollen: Für heutige Väter ist vieles im Umbruch. Arbeit, Familie und Freizeit sinnvoll miteinander zu verbinden ist ein Balanceakt, es braucht Unterstützung vom Arbeitgeber, von der Politik und im privaten Umfeld. Was ist noch eine klassische Mutteraufgabe? Und was macht Vaterschaft eigentlich mit dem Männerbild? Auch auf dem Arbeitsmarkt bahnt sich eine Zeitenwende an: Einige Unternehmen haben bereits verstanden, dass sie die besten Mitarbeiter nur halten können, wenn sie ihnen auch Angebote für ein familienfreundliches Arbeiten machen. Unternehmen wie Vodafone oder Ergo holen sich Unterstützung durch den Hamburger Unternehmensberater Volker Baisch: Er zeigt Unternehmen, wie sie familienfreundlicher werden können – denn der Wettbewerb um die Väter hat längst begonnen. (Quelle: Sophie Schulenburg, WDR | Foto: Dieter Jacobi © WDR)

Sendungen: Montag, 11.01.16 und 18.01.16, jeweils 22.10h, WDR-Fernsehen, Reihe »Hier und Heute« (30 Min.). Wiederholung jeweils am folgenden Dienstag um 9.45h.

In der Mediathek abrufbar bis Januar 2017: Teil 1 und Teil 2.

»Keiner von euch Spacken wird an mir rumoperieren!«

Viviane Andereggen‘s Kinofilm »Simon sagt auf Wiedersehen zu seiner Vorhaut« spielt mit dem Schauer des Akts der Beschneidung.

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Frank Keil

Es gibt Themen, die ploppen plötzlich auf und entfachen aus dem Stand eine wuchtige Debatte – und Jahre später reibt man sich verwundert die Augen, ob der Heftigkeit, an die man sich noch vage erinnert. So war das mit dem Thema »Beschneidung«, das im Jahr 2012 plötzlich die Zeitungsseiten füllte und für turbulente Talkshow-Einlagen sorgte.
Und so ist »Simon sagt auf Wiedersehen zu seiner Vorhaut« denn auch zunächst ein durchaus humorvoller Beitrag auf der Folie der Beschneidungsdebatte (und ein Spielfilm ist kein Dokumentarfilm, sondern wird getragen von ausgedachten Charakteren und konstruierten Begegnungen, die aus verständlichen Gründen nicht unserer Alltagslogik folgen müssen), allerdings stellt sich auf die Dauer der Strecke eine gewisse Abnutzung ein und man schaut immer unbeteiligter den inszenierten Irrungen und Wirrungen zu, in denen sich die Protagonisten verheddern. (Foto © element e filmproduktion gmbh)

Zur Rezension
Zum Trailer

Der Film wurde am 19.11.15 im Sender N3 ausgestrahlt; er ist in der dortigen Mediathek noch bis zum 27.12.15 zu sehen, aus Jugendschutzgründen von 20 Uhr bis 6 Uhr. Der Kinostart folgt.