»Ich liebe wilde Blumen«

Aus dem Leben des niederländischen Sinto Zoni Weisz, Überlebender des Holocaust und Florist

Alter Mann mit Blumen

Text: Frank Keil
Foto: antifalten, photocase.de

Männerbuch der Woche, 6te KW, diesmal als Hör-CD. – In den Niederlanden ist es Roma und Sinti heute verboten, von Ort zu Ort zu ziehen und unterwegs in einem Wohnwagen zu leben. Aber es hat Zoni Weisz einst das Leben gerettet, dass er nicht im Haus seiner Eltern war, als die Deutschen kamen. Zoni Weisz erzählt mit »Ein gutes Leben« von den alten Zeiten, von den Folgen eines besonderen Traumes und wie er den Hochzeitsschmuck für das niederländische Königspaar kreierte.

Zur Rezension

Hinter den Mauern von San Quentin

Eine Radio-Nacht über das kalifornische Staatsgefängnis – von Arndt Peltner und Rita Höhne am 21. Mai im DLF

Gefängnismauer

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: owik2, photocase.de

Das älteste Gefängnis in Kalifornien wurde 1852 am Rande der San Francisco Bay eröffnet und ist reich an Geschichten. Sie handeln von Gangs, die sich hinter den Mauern einen brutalen Krieg liefern, aber auch von Johnny Cash, der hier legendäre Konzerte spielte, und von einem der größten und beeindruckendsten Wandbilder im ganzen Land, das hier – verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit – entstand. Dutzende von Programmen werden den Gefangenen in San Quentin angeboten, sie reichen von Sozial- und Kunstprogrammen, über eine Shakespeare Theatergruppe, eine eigene Zeitung, bis hin zu einem seit 1920 bestehenden Baseballteam.
Die Radio-Nacht erzählt über das weltbekannte Gefängnis »Bastille by the Bay«, wie San Quentin auch genannt wird, und von den Geschichten seiner Insassen und Besucher.
Sendung: Samstag, 21.5.16, 23:05h, Deutschlandfunk, Reihe »Lange Nacht« (180 Min.)

Panzer, Pferde, Patrioten

Der unheimliche Reiz von Nazi-Kitsch und -Kriegsgerät | Feature von Tom Schimmeck am 20. Mai im DLF

Kriegerdenkmal

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Susann Städter, photocase.de

Briefe, Orden, Uniformen, Kriegsgerät und Nazikunst sind gefragt. Auf Auktionen, Flohmärkten und im Internet erzielen Devotionalien des »Dritten Reiches« Höchstpreise. Manchmal stoßen Fahnder in deutschen Kellern und Scheunen auf rostige Panzer, tonnenschwere Statuen und Kunsttrümmer, die einst für die Welthauptstadt »Germania« gefertigt wurden. Selbst Postkarten-Kitsch des mittellosen Straßenmalers Adolf Hitler, der zweimal versuchte, Aufnahme an der Wiener Kunstakademie zu finden und sich mit Tausenden gemalten Motive finanziell über Wasser gehalten haben soll, verkauft sich prächtig: 2013 zahlte ein Sammler 133.000 Euro für ein kleines München-Motiv, im Juni 2014 ging ein Aquarell von Schloss Neuschwanstein für 100.000 Euro an einen Chinesen. Worin besteht der Reiz eines »echten« Hitlers? Warum steht eine Widmung von Joseph Goebbels mit 700 Euro im Katalog? Und was ist die Botschaft von Arno Brekers Bronzemuskeln? Eine Rundreise durch die Welt der braunen Sammler.

Sendung: Freitag, 20.5.16, 20:10h, Deutschlandfunk, Reihe »Das Feature« (50 Min.)

»Reaktion auf ein Problem«

Die Verteidigung des Kapuzenpullovers | Essay von Torsten Körner am 8. Mai im DLF

Junge in Kapuzenpullover vor Steinwand

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Armin Staudt-Berlin, photocase.de

Wer oder was ist der Kapuzenpullover? Ein Kleidungsstück? Ein Bekenntnis? Ein Gangster-Requisit? Oder lediglich ein Stück Sportkleidung? Das Image des Kapuzenpullovers ist umkämpft. Für die einen, die autoritär-konservativen Wächter der Straße, ist der Kapuzenpullover ein Sicherheitsrisiko, für die anderen, die Straßenläufer, ist er eine Geborgenheitshülle, ein tragbarer Tempel, ein flexibler Rückzugsort. Im Jahr 2006 rief der britische Premierminister David Cameron in einer vielbeachteten Rede dazu auf, den Hoodie nicht als kriminelles Stigma zu betrachten: »Er ist einem Reaktion auf ein Problem, nicht das Problem selbst. Wir – die Leute in den Anzügen – betrachten Kapuzenpullover oft als etwas Aggressives, die Uniform einer Rebellenarmee von jungen Gangstern. Aber Hoodies sind eher defensiv als offensiv. Sie sind ein Weg, um in den Straßen unsichtbar zu bleiben.« Torsten Körners Radio-Essay erzählt die lange Geschichte der Kapuzenpullover als eine, die sich nicht auf die aktuelle Frontstellung Gangster versus Polizei oder Schwarz gegen Weiß oder Alt gegen Jung oder Print gegen Digital verengen lässt.

Sendung: Sonntag, 8.5.16, 9:30h, Deutschlandfunk, Reihe »Essay und Diskurs« (30 Min.)

Wolken ziehen vorüber

Eine Radio-Nacht über das filmische Werk des finnischen Meisterregisseurs Aki Kaurismäki – von Josef Schnelle und Rita Höhne am 30. April im DLF

Zwei Sessel im Schnee

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: PLINK, photocase.de

Treffen sich zwei Finnen in einer Bar. »Prost« sagt der eine. Darauf der andere: »Ich bin nicht hergekommen, um zu quatschen.« So wortkarg und sarkastisch ist auch der finnische Filmemacher Aki Kaurismäki. Seit 1980 hat er rund 20 Filme gedreht und es sind die schönsten Autorenfilme der letzten Jahre darunter. In »Le Havre« überraschte er mit einem Bekenntnis zur Weltoffenheit der wohl hässlichsten Hafenstadt der Welt. Oder er porträtiert die chronischen Loser: Arbeitslose, Müllmänner, Verzweifelte, schlechte Musiker, Mörder – und schafft es, mit solchen Hauptfiguren grandiose Melodramen zu drehen, die an Stummfilmklassiker früherer Filmepochen anknüpfen. So weiß sich »Das Mädchen aus der Streichholzfabrik« nicht anders zu helfen als mit Rattengift. Im Künstlerelend von »Das Leben der Bohème« dagegen zählt nur der neueste Fisch, auch wenn er überraschenderweise zwei Köpfe hat.
Aki Kaurismäki ist Realist und Visionär zugleich. Mit finnischen Tangos und Punkmusik seiner Hausband »Leningrad Cowboys« mit ihren charakteristischen Haartollen hat Kaurismäki ein Kino zwischen Kult und poetischem Realismus erfunden, dem eine lange Radio-Nacht gewidmet ist.

Sendung: Samstag, 30.4.16, 23:05h, Deutschlandfunk, Reihe »Lange Nacht« (180 Min.)

Nudeln mit Schinken

Gibt es eine Männerbewegung in Deutschland, ist sie notwendig und was ist da eigentlich los? Diesen Fragen geht ein Rundfunk-Feature von Andreas Baum am kommenden Montag nach. Dankenswerterweise haben wir schon mal ins Sendemanuskript schauen können.

Männliche Jugendliche sitzen auf einer Mauer

Text: Frank Keil
Foto: mirkoreichlin, photocase.de

Ja, diese Männerbewegung. Soll es ja geben. Seltsam, oder? Oder auch nicht, denn warum sollen sich nicht auch die Männer zusammensetzen und ihren Kram bereden, es setzen sich ja überall Menschen zusammen, die etwas vereint: besondere Leidenschaften, skurrile Hobbys, schlimme Krankheiten. Warum nicht Männer, weil sie Männer sind? Doch offenbar ist das doch nicht so einfach, nicht so selbstverständlich. »Nicht mächtig, aber stark. Die deutsche Männerbwegung ringt um ein neues Männerbild«, heißt es im Programmheft erklärend zur Sendung.

Andreas Baum ist losgezogen, die Männerbewegung zu finden und kennenzulernen. Okay. Der Autor macht am Anfang ein bisschen auf doof, und das darf man so sagen, nach nunmehr über 30 Jahren mehr oder weniger »Bewegungs«geschichte. Geht auf einen Männerkongress nach Nürnberg, wo er sich unwohl fühlt, wie er da sitzt. Wo man richtig spüren kann, wie er da auf seinem Stuhl herumrutscht. Wo er nach Frauen ausschaut und erleichtert aufatmet, dass auf so einem Männerkongress auch Frauen sind. Wo es in der Mittagspause Nudeln mit Schinken und eine vegetarische Lasagne gibt. Wo so ein Hampel von der AFD von Genderwahn quarkt und in seine Schranken gewiesen wird und wo ein paar Frauen, die nicht in den Saal gelassen werden, einen Tisch umkippen.
Und wo ein bisschen Krawall in der Luft liegt, möglicherweise. Oder wenigstens die Sorge um Krawall. So als atmosphärische Hintergrundsstimmung, die man jetzt nicht inhaltlich vertiefen will, die aber Stimmung schafft, wobei Stimmung ja nicht immer für Erkenntnis sorgt.

Doch langsam, aber sicher kommt die Sendung dann doch in Schwung. Wobei – das Manko der Sendung ist das Manko der Männerbewegung beziehungsweise, noch weit mehr, das ihrer medialen Darstellbarkeit: Und also müssen mal wieder die Väter ran. Denn bei Vätern ist alles klar. Dass Männer ordentliche Väter sein wollen und es oft bis meist nicht können, weil nicht nur die Chefs, sondern auch die Kollegen und übrigens auch die Kolleginnen männliche Dauerpräsenz am Arbeitsplatz verlangen – was längst Thema jeder noch so trivialen Fernsehkomödie nach der Tagesschau ist (gern mit Uwe Ochsenknecht als überfordertem Vater, dem die Waschmaschine ausläuft). Da sind sich alle irre einig, dass mehr Vatersein irgendwie gut ist. Und so kommt auch Andreas Baum am Anfang um die Gleichung »Männerbewegung = Väterbewegung« (und umgekehrt) nicht herum.
Wobei Väter ja nicht nur Väter sind, so wenig wie Mütter nicht nur Mütter sind. Und nicht jeder Mann auch Vater ist – übrigens.

Und der nächste medial passende Knaller sind natürlich die gewalttätigen Jungs. Die gibt es, ja, aber die wollen wir nicht – logisch. Und so lernen wie Thomas Hölscher kennen, der sich als Mann in der Therapeutischen Lebensgemeinschaft Haus Narnia um jene Jungs kümmert, die aus dem Rahmen fallen. Und das nicht still und leise wie oft die Mädchen. Sondern mit Lärm und Krawumms.
Gewiss und 100-prozentig macht der Thomas Hölscher eine klasse Arbeit, aber darum geht es hier nicht. Sondern darum, dass es nach den Vätern, für die jeder sofort, fast automatisch Verständnis hat, eben immer wieder die gewalttätigen Jungs sind, die als so etwas wie ein Existenzgrund der Männerbewegung herhalten müssen. Als Werbebanner, sozusagen. Nach dem Motto: Wenn ihr neuen, kritischen Männer euch um diese Jungs kümmert, das geht voll in Ordnung. Und wenn ihr mehr Väter sein wollt, als es eure Väter waren – auch gut. Aber sonst? Ist das nicht ein wenig übertrieben, dieses Reden über Männlichkeit?

Erst zum Schluss, da ist die Sendung fast zu Ende, kommt der Autor auf sich selbst als Mann zu sprechen. Wie es ist – so als Mann. Wie man so lebt, als Mann; wie es sich anfühlt, als Mann.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann den: dass der Autor das nächste Mal genau damit beginnt. Da ist die Männerbewegung nämlich schon angekommen.

Sendung: Montag, 11.01.16, 19.30h, Deutschlandradio Kultur, Reihe »Zeitfragen. Feature« (30 Min.).
Zum Manuskript und Audiomitschnitt.

»Was will dieses Grau’n bedeuten?«

Eine Al-Kaida-Geisel erzählt | Feature von Susanne Sporrer und Klaus Heymach am 6. Oktober im DLF

flobox148051

Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle DLF)
Foto: flobox, photocase.de

Eigentlich wollte Theo Padnos nur ein paar Tage im syrischen Rebellengebiet recherchieren. Doch dann fällt der US-amerikanische Autor in die Hände der Dschihadisten: der Beginn eines 22 Monate dauernden Martyriums. Die Kämpfer der Al-Nusra-Front, einem Ableger von Al Kaida, foltern Theo Padnos und geben vor, ihn hinzurichten. Die ersten Wochen verbringt der 46-Jährige verzweifelt und von Selbstvorwürfen gequält auf dem Boden seiner Kellerzelle kauernd. Doch nach und nach entwickelt der Literaturwissenschaftler Überlebensstrategien und versucht, die Gedankenwelt seiner Peiniger zu verstehen. Theo Padnos gewinnt Einblicke in die Wirren des syrischen Bürgerkriegs und den Alltag der Dschihadisten und beginnt noch in der Geiselhaft damit, seine Einsichten und die Todesangst literarisch zu bearbeiten.

Sendung: Dienstag, 6.10.15, 19:15h, Deutschlandfunk, Reihe »Das Feature« (45 Min.). Mehr zu Theo Padnos in einem Beitrag der WELT vom 22.4.2015.

Willkommen in der Gegenwart

Jenny Hoch’s DLF-Feature am 21. August über die Rettung des Theaters durch Frauen und Migranten

Inuit41286

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Inuit, photocase.de

Das deutsche Staats- und Stadttheater hat es sich zu lange in der Mehrheitsgesellschaft bequem gemacht. Es wird von Großregisseuren dominiert, meistens Männer über 50, die wie mittelständische Unternehmer agieren und von Subventionen leben. Die Folge: große Theatermüdigkeit, beginnende Musealisierung. Abhilfe soll nun die Öffnung schaffen: Öffnung nach unten, zu theaterfernen Milieus; nach außen, zu ausländischen Theatermachern und Ästhetiken; nach innen, zu einer weiteren, am deutschsprachigen Theater bisher ebenfalls unterrepräsentierten Personengruppe, den Frauen. Es ist chic geworden, seinen Spielplan mit einem Stadt-, Flüchtlings-, Migrationsprojekt aufzupolieren – aber kann das funktionieren?
Wir machen den Praxistest, besuchen unter anderem ein zukünftiges Flüchtlingshaus in München, das den Kammerspielen Realität beibringen soll, kochen persisch am Theater des Jahres in Berlin, messen den Rassismus-Level eines typischen Theatergängers und erfahren, warum Karin Beier, Intendantin des Hamburger Schauspielhauses, politisch korrekte Samthandschuhe im Umgang mit heiklen Themen ablehnt.

Sendung: Freitag, 21.8.15, 20:10h, Deutschlandfunk, Reihe »Das Feature« (50 Min.)

Grenzenlose Liebe

Binationale Ehen und deren besonderen Herausforderungen – Radio-Diskussion am 20. August mit Expert_innen und Gästen

hlehnerer1008065

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: hlehnerer, photocase.de

Ein Paar, zwei Nationalitäten, zwei Sprachen mindestens: In Deutschland werden immer mehr binationale Ehen geschlossen. Das ist gelebte Globalisierung und doch auch eine ganz eigene Herausforderung. Zu den normalen Beziehungskonflikten kommen kulturelle und kommunikative Stolperfallen hinzu. Wenn unterschiedliche kulturell geprägte Vorstellungen von Familie und Zukunft aufeinanderprallen, ist Liebe keine Garantie, dass zeigt die stark erhöhte Scheidungsrate.
Was also können Paare tun, damit ihre Beziehung Bestand hat? Wo können sie sich beraten lassen, wenn Vorstellungen über Kultur, Tradition oder Religion auseinanderklaffen? Welche rechtlichen Fragen gilt es zu bedenken, wenn Partner unterschiedlicher Herkunft heiraten oder eine Lebenspartnerschaft eingehen wollen? Und welche, wenn es doch zur Trennung kommt, vielleicht sogar Kinder davon betroffen sind?

Sendung: Donnerstag, 20.8.15, 10:10h, Deutschlandfunk, Reihe »Marktplatz«, Moderation: Sarah Zerback, kostenfreies Hörer_innen-Tel.: 00800. 4464 4464, Mail-Beteiligung: marktplatz@deutschlandfunk.de (bis 11:30h)

»Niemand kann es weiter bringen als zu sich selbst«

DLF-Feature von Sophie Gruber am 14. August über Literatur hinter Gittern

royjackson79784

Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle DLF)
Foto: royjackson, photocase.de

Die Langeweile bekämpfen, sich disziplinieren, den eigenen Wortschatz bewahren, etwas tun, was man nie vorher getan hat und danach nie wieder tun wird: Es gibt viele Gründe, warum Andreas, Jens und Benni, ›Langsträfer‹ in der JVA Berlin-Tegel, ausgerechnet im Knast angefangen haben, eine Literaturgruppe zu besuchen. Zu schreiben, einander vorzulesen. Tief im Innern lauert vielleicht sogar die Hoffnung auf literarischen Ruhm. Vorläufig schreiben sie für sich selbst, die Gruppe, die Familie. Für alle, die es interessiert – nur für einen nicht: ihren Therapeuten. Ihr Thema, sagen sie, ist nicht ihre Tat. Ihr Thema ist ihr Alltag im Knast. »Niemand kann es weiter bringen als zu sich selbst«, schreibt Jens. »Ich aber muss, wenn es mir zu fad wird, ich zu sein, notgedrungen ein andrer werden ….« Das Feature gibt den Autoren ein kleines Stück Öffentlichkeit und die Chance, über sich zu erzählen.

Sendung: Freitag, 14.8.15, 20:10h, Deutschlandfunk, Reihe »Das Feature« (50 Min.)