Flieger ohne Flügel

Uganda, 1969. Athen, 1971. Schweden 2012. Und dazwischen ein Leben, das danach sehnt, sich in die Lüfte zu schwingen.

Ein Blick aus dem Flugzeug beim Flug über Afrika

Text: Frank Keil
Foto: Lii, photocase.de

Männerbuch der Woche, 2te KW. – Mit dem überaus spannenden wie emphatischen Roman »Ein Sturm wehte vom Paradiese her« folgt der schwedische Schriftsteller Johannes Anyuru seinem Vater zurück in dessen Heimat Uganda. Und wieder zurück nach Schweden.

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Nudeln mit Schinken

Gibt es eine Männerbewegung in Deutschland, ist sie notwendig und was ist da eigentlich los? Diesen Fragen geht ein Rundfunk-Feature von Andreas Baum am kommenden Montag nach. Dankenswerterweise haben wir schon mal ins Sendemanuskript schauen können.

Männliche Jugendliche sitzen auf einer Mauer

Text: Frank Keil
Foto: mirkoreichlin, photocase.de

Ja, diese Männerbewegung. Soll es ja geben. Seltsam, oder? Oder auch nicht, denn warum sollen sich nicht auch die Männer zusammensetzen und ihren Kram bereden, es setzen sich ja überall Menschen zusammen, die etwas vereint: besondere Leidenschaften, skurrile Hobbys, schlimme Krankheiten. Warum nicht Männer, weil sie Männer sind? Doch offenbar ist das doch nicht so einfach, nicht so selbstverständlich. »Nicht mächtig, aber stark. Die deutsche Männerbwegung ringt um ein neues Männerbild«, heißt es im Programmheft erklärend zur Sendung.

Andreas Baum ist losgezogen, die Männerbewegung zu finden und kennenzulernen. Okay. Der Autor macht am Anfang ein bisschen auf doof, und das darf man so sagen, nach nunmehr über 30 Jahren mehr oder weniger »Bewegungs«geschichte. Geht auf einen Männerkongress nach Nürnberg, wo er sich unwohl fühlt, wie er da sitzt. Wo man richtig spüren kann, wie er da auf seinem Stuhl herumrutscht. Wo er nach Frauen ausschaut und erleichtert aufatmet, dass auf so einem Männerkongress auch Frauen sind. Wo es in der Mittagspause Nudeln mit Schinken und eine vegetarische Lasagne gibt. Wo so ein Hampel von der AFD von Genderwahn quarkt und in seine Schranken gewiesen wird und wo ein paar Frauen, die nicht in den Saal gelassen werden, einen Tisch umkippen.
Und wo ein bisschen Krawall in der Luft liegt, möglicherweise. Oder wenigstens die Sorge um Krawall. So als atmosphärische Hintergrundsstimmung, die man jetzt nicht inhaltlich vertiefen will, die aber Stimmung schafft, wobei Stimmung ja nicht immer für Erkenntnis sorgt.

Doch langsam, aber sicher kommt die Sendung dann doch in Schwung. Wobei – das Manko der Sendung ist das Manko der Männerbewegung beziehungsweise, noch weit mehr, das ihrer medialen Darstellbarkeit: Und also müssen mal wieder die Väter ran. Denn bei Vätern ist alles klar. Dass Männer ordentliche Väter sein wollen und es oft bis meist nicht können, weil nicht nur die Chefs, sondern auch die Kollegen und übrigens auch die Kolleginnen männliche Dauerpräsenz am Arbeitsplatz verlangen – was längst Thema jeder noch so trivialen Fernsehkomödie nach der Tagesschau ist (gern mit Uwe Ochsenknecht als überfordertem Vater, dem die Waschmaschine ausläuft). Da sind sich alle irre einig, dass mehr Vatersein irgendwie gut ist. Und so kommt auch Andreas Baum am Anfang um die Gleichung »Männerbewegung = Väterbewegung« (und umgekehrt) nicht herum.
Wobei Väter ja nicht nur Väter sind, so wenig wie Mütter nicht nur Mütter sind. Und nicht jeder Mann auch Vater ist – übrigens.

Und der nächste medial passende Knaller sind natürlich die gewalttätigen Jungs. Die gibt es, ja, aber die wollen wir nicht – logisch. Und so lernen wie Thomas Hölscher kennen, der sich als Mann in der Therapeutischen Lebensgemeinschaft Haus Narnia um jene Jungs kümmert, die aus dem Rahmen fallen. Und das nicht still und leise wie oft die Mädchen. Sondern mit Lärm und Krawumms.
Gewiss und 100-prozentig macht der Thomas Hölscher eine klasse Arbeit, aber darum geht es hier nicht. Sondern darum, dass es nach den Vätern, für die jeder sofort, fast automatisch Verständnis hat, eben immer wieder die gewalttätigen Jungs sind, die als so etwas wie ein Existenzgrund der Männerbewegung herhalten müssen. Als Werbebanner, sozusagen. Nach dem Motto: Wenn ihr neuen, kritischen Männer euch um diese Jungs kümmert, das geht voll in Ordnung. Und wenn ihr mehr Väter sein wollt, als es eure Väter waren – auch gut. Aber sonst? Ist das nicht ein wenig übertrieben, dieses Reden über Männlichkeit?

Erst zum Schluss, da ist die Sendung fast zu Ende, kommt der Autor auf sich selbst als Mann zu sprechen. Wie es ist – so als Mann. Wie man so lebt, als Mann; wie es sich anfühlt, als Mann.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann den: dass der Autor das nächste Mal genau damit beginnt. Da ist die Männerbewegung nämlich schon angekommen.

Sendung: Montag, 11.01.16, 19.30h, Deutschlandradio Kultur, Reihe »Zeitfragen. Feature« (30 Min.).
Zum Manuskript und Audiomitschnitt.

Vaterschaft als Zeitenwende

Zweiteilige Doku von Tanja Reinhard und Jörg Laaks über »Väter – die neuen Helden« am 11.1. und 18.1. im WDR-Fernsehen.

Ein Koch bei der Arbeit

Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Sophie Schulenburg, WDR)
Foto: Dieter Jacobi, WDR

Still, aber spürbar lösen die neuen Väter eine Revolution in unserer Gesellschaft aus. Über allem steht eine große Sehnsucht der Väter nach Zeit mit dem Kind. Sie wollen für sich etwas anderes als ihre Väter. Für sie ist die Vaterschaft eine Zeitenwende. Sie würden gerne weniger arbeiten und sind bereit, weniger zu verdienen oder sogar vorübergehend auf die Karriere zu verzichten.

Patrick Krings ist 26 und wird in wenigen Wochen Vater. Seine volle Stelle wird er aufgeben. Er und seine Frau wollen beide genug Zeit für ihr Kind haben. Marcel Schiefer (oben im Bild) ist einer der jüngsten Sterneköche in Deutschland und seit zwei Jahren Vater. Der Düsseldorfer sieht seinen Sohn so gut wie gar nicht, so anspruchsvoll ist es, das Sterne-Restaurant in Düsseldorf zu führen. Muss das alles wirklich sein? Er wird seinen Michelin-Stern abgeben, um mehr Zeit mit seinem Sohn verbringen zu können. Thomas Martha ist Vater einer anderthalbjährigen Tochter und zuständig für Frühstück und zur-Kita-bringen. Seine Tochter ist in der Kita auf dem unternehmenseigenen Campus untergebracht. Und sein Arbeitgeber schafft gerade die Präsenzkultur ab. Wenn er wollte, könnte Thomas Martha die Hälfte der Woche von zuhause arbeiten – ein Idealzustand für den jungen Familienvater.

Neue Aufgaben, neue Herausforderungen, und damit auch neue Rollen: Für heutige Väter ist vieles im Umbruch. Arbeit, Familie und Freizeit sinnvoll miteinander zu verbinden ist ein Balanceakt, es braucht Unterstützung vom Arbeitgeber, von der Politik und im privaten Umfeld. Was ist noch eine klassische Mutteraufgabe? Und was macht Vaterschaft eigentlich mit dem Männerbild? Auch auf dem Arbeitsmarkt bahnt sich eine Zeitenwende an: Einige Unternehmen haben bereits verstanden, dass sie die besten Mitarbeiter nur halten können, wenn sie ihnen auch Angebote für ein familienfreundliches Arbeiten machen. Unternehmen wie Vodafone oder Ergo holen sich Unterstützung durch den Hamburger Unternehmensberater Volker Baisch: Er zeigt Unternehmen, wie sie familienfreundlicher werden können – denn der Wettbewerb um die Väter hat längst begonnen.

Sendungen: Montag, 11.01.16 und 18.01.16, jeweils 22.10h, WDR-Fernsehen, Reihe »Hier und Heute« (30 Min.). Wiederholung jeweils am folgenden Dienstag um 9.45h.

In der Mediathek abrufbar bis Januar 2017: Teil 1 und Teil 2.

18:09 Uhr, dann 18:49 Uhr

Wie in dieses neue Jahr 2016 starten? Mit einem guten Buch vielleicht. Das nicht zu viele Buchstaben hat. Und dennoch eine tolle Männergeschichte erzählt.

Buchcover von Daniel Clows

Text: Frank Keil
Illustration: Reprodukt Verlag

Männerbuch der Woche, 1ste KW. – Marshall hat ein Blind Date. Das erste seit sechs Jahren. Kann das gut gehen? Ist Marshall »Mister Wonderful«? Wohl kaum. Doch der Zeichner und Autor Daniel Clowes hat ein Herz für Marshall. Und eines für Natalie.

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Arbeitskreis Jungen*pädagogik Leipzig

Reanimierung 2016

Logo Verein LeMann Leipzig

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Grafik: LeMann Leipzig

Der Arbeitskreis Jungen*pädagogik wird in 2016 wiederbelebt. Es wurden 4 Termine vereinbart: Mi, 24.02 / Mi, 25.05. / Mi, 24.08. und Mi, 30.11., jeweils 10-12 Uhr. Der AK trifft sich in den Räumlichkeiten des »LEMANN e.V.« (Am Kanal 28, 04179 Leipzig), er ist Forum für Austausch, Diskussionen und Absprachen rund um das Thema gendersensible und -spezifische Arbeit mit Jungen* und versteht sich als Entsprechung zum AK Mädchen*arbeit, mit dem es eine rege Zusammenarbeit gibt.
Auf der Agenda 2016 stehen – je nach personeller Kapazität – gemeinsame Projekte wie Fachtage, Aktionstage, weitere Veranstaltungen und eine Unterstützung des Boys’Day 2017.

Infos und Kontakt: www.lemann-netzwerk.de, Steffen Harnack, Tel: 0341 48268222.

Herkulesaufgabe

James Proimos‘ Jungenroman »12 things to do before you crash and burn« – lesenswert!

Männer beim Fußballspielen am Strand

Text: Ralf Ruhl
Foto: Viktor Descenko, photocase.de

Was die Öffnung eines Gurkenglases mit einem griechischen Halbgott zu tun hat, dass sich eine schöne unerreichbare Frau doch erreichen lässt und wie wichtig der beste Pizzaladen der Stadt werden kann – das beschreibt der amerikanische Autor James Proimos äußerst kurzweilig in seinem preisgekrönten Jugendbuch.

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Angekommen auf dem Lande

Zum Schluss des Jahres ein Buch, das noch einmal ein ganz besonderes ist – vielleicht sogar das Buch des Jahres

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Text: Frank Keil
Foto: Da_Judge, photocase.de

Männerbuch der Woche, 51ste KW. – Der Journalist Jasper Fabian Wenzel hat den Landarzt Dr. Amon Ballouz begleitet wie beobachtet: in seiner Praxis in der ostdeutschen Kleinstadt Schwedt, bei Hausbesuchen in noch abgeschiedenere Dörfer in der Uckermark, auf Heimaturlaub in Beirut; die Stadt, die er als Jugendlicher verließ, als im Libanon der Bürgerkrieg ausbrach. Ein Bericht, auch wie geschaffen für die derzeitige Debatte um die so genannte Flüchtlingskrise.

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Der Kümmerer im Schatten

Über Josefs Vaterrolle, seine möglichen Kinder und ehrenamtliche Männer in der Kirche

Schatten eines Mannes der einen Kinderwagen schiebt

Text: Frank Keil
Foto: Francesca Schellhaas, photocase.de

Eine besondere Predigt Weihnachten 2014, in der der Bauhandwerker, Hausmann und Ziehvater Josef aus Nazaret im Mittelpunkt stand, gibt Anlass, auch dieses Jahr wieder an ihn zu erinnern. Ein Gespräch mit der Hamburger Pastorin Monika Geray.

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Udo und Andreas, Andreas und Udo

Ein Jahr ist er jetzt tot, seit einem Jahr ist Udo Jürgens nicht mehr dabei. Ist das wirklich schon ein Jahr her?

Ein Jungen sitzt verzweifelt an einem Klavier

Text: Frank Keil
Foto: jana-milena, photocase.de

Männerbuch der Woche, 50ste KW. – Der Schriftsteller Andreas Maier nutzt seine Trauerarbeit für grundlegende kulturkritische Betrachtungen. Nach der Lektüre wird man den Begriff »Spießer« aus seinem Wortschatz gestrichen haben. Und hört Udo Jürgens noch mal mit ganz anderen, nämlich den eigenen Ohren.

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Große und kleine Jungs wieder mal Risikogruppe

Silvesterböller: Hochsaison für Handchirurgen

Ein zerfetzter Böller am Straßenrand

Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle IDW)
Foto: Mr. Mint, photocase.de

Bundesweite Statistiken über Böller-Verletzungen an Silvester gibt es nicht. Eine durchschnittliche Silvesternacht an einem Großstadt-Krankenhaus sieht aber oft so aus: 60 Teilverletzungen, wie zum Beispiel abgetrennte Finger oder Fingerglieder, und fünf bis zehn schwere Verletzungen, wie zum Beispiel eine zerstörte Hand. Die meisten Verletzten sind meist alkoholisierte junge Männer im Alter bis zu 25 Jahren. Die zweite Haupt-Risikogruppe sind 50- bis 60-jährige Männer, ebenfalls oft alkoholisiert.

Mit Start des Raketen- und Böllerverkaufs am 29. Dezember beginnt in den Krankenhäusern wieder die Hochsaison der Handchirurgen. Auch wenn die wiederherstellende Chirurgie heute mit Replantationen von Gliedmaßen und Extremitäten schon viel leisten kann, bleiben nach Böller-Verletzungen oft Funktionseinschränkungen zurück, warnt die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).
»Die meisten großen Handverletzungen werden durch selbst gebastelte [so genannte] Polen-Böller verursacht«, erklärt Professor Andreas Eisenschenk von der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie (DGH). »Am häufigsten sind aber Verletzungen eines oder mehrerer Finger sowie Hautverletzungen. Wenn Böller in der Nähe des Kopfes explodieren, kann es aber auch zu Trommelfellzerstörungen kommen – und wenn sie sich in der Hosentasche entzünden, zu Genitalverletzungen.«

Richtig ernst wird es für die Chirurgen an Silvester ab circa 22 Uhr. Die OP-Teams sind meist doppelt besetzt. Um Sehnen, Gefäße, Nerven und Knochen zu rekonstruieren, sind oft vier- bis zehnstündige Operationen notwendig, häufig auch noch weitere Folgeeingriffe. Ein großes Problem ist bei Böller-Verletzungen, dass Explosionen keine glatten Schnittwunden verursachen, sondern zerfetzte Ränder. Das macht das Nähen der Wunde schwierig bis unmöglich. »Wenn ein Körperteil verletzt war, wird immer eine Einschränkung bleiben, in Gefühl oder Funktion. Wenn die Funktion da ist, aber nicht das Gefühl, ist die Hand funktionslos. Umgekehrt, wenn das Gefühl da ist, aber nicht die Funktion, dann ist die Hand blind«, erklärt Eisenschenk.
Ein abgetrennter Finger zum Beispiel kann noch nach acht bis zehn Stunden wieder angenäht werden, auch wenn er nicht gekühlt wurde. Deshalb empfiehlt Eisenschenk: »Bevor man etwas falsch macht, die Gliedmaßen lieber ungekühlt transportieren. Denn wenn sie mit Eiswasser in Kontakt kommen, quellen sie auf und dann ist ein Wiederannähen nicht mehr möglich.« Über 95 Prozent der wieder replantierten Körperteile sind äußerst kälteempfindlich und können bei großer Kälte Schmerzen verursachen. Deshalb ist die »Lebensqualität danach« für die Operateure vor jeder OP ein wichtiger Aspekt. So könnte die Replantation eines Fingers bei einem Musiker sinnvoll sein, bei einem Handwerker, der viel im Freien arbeitet, dagegen nicht. Er hätte bei Außenarbeiten im Winter einfach zu große Schmerzen.

Damit es erst gar nicht zu Verletzungen kommt, empfehlen die Orthopäden und Unfallchirurgen der DGOU – wenn auf die Böllerei schon nicht verzichtet werden kann – einen sorgsamen Umgang mit Feuerwerkskörpern, insbesondere bei männlichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren, denn diese seien besonders gefährdet.