Der Flüchtlingsreport

Peter Gerhardts Suche nach der Wirklichkeit hinter den einfachen Wahrheiten – am 14. September in der ARD

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle HR)
Foto: minimaldigital, photocase.de

Mehr als 50 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. So viele wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet mit bis zu 800.000 Flüchtlingen, die 2015 allein nach Deutschland kommen, mehr als je zuvor. Ist das deutsche »Boot voll«, wie nicht nur rechtsradikale Scharfmacher behaupten? Können wir nicht mehr Menschen aufnehmen? Oder wollen wir es nur nicht? Müssen wir die Grenzen dicht machen, um einen Kollaps zu vermeiden, oder schotten wir uns herzlos ab, um nicht teilen zu müssen mit Menschen in Not? Wie werden die Flüchtlinge hier aufgenommen? Angriffe auf Asylbewerber einerseits, ehrenamtliche Flüchtlingshelfer andererseits – wie fremdenfeindlich oder -freundlich ist Deutschland? Und sind die Flüchtlinge eine finanzielle Belastung oder auch eine »günstige Chance« für die deutsche Wirtschaft, wie wahlweise frohlockt oder problematisiert wird?
Peter Gerhardts Flüchtlingsreport geht den grellen Schlagzeilen auf den Grund, rechnet nach und macht sich auf die Suche nach der Wirklichkeit hinter den einfachen Wahrheiten. Dafür reiste der Autor u.a. in die sächsischen Gemeinden Freital und Meißen, die zum Symbol geworden sind für den neuen alten Fremdenhass in Deutschland. Er zeigt aber auch, wie engagiert an vielen Stellen in Deutschland Menschen versuchen zu helfen und wie sehr die Kommunen auf die freiwilligen Helfer_innen angewiesen sind. In Viernheim zum Beispiel. Dort hat der katholische Pfarrer Angelo Stipinovic eine Initiative ins Leben gerufen, um 130 Flüchtlingen aus Eritrea zu helfen, sich in Viernheim einzuleben. »Wir können doch nicht immer warten, bis der Staat hilft«, sagt er. Und war überrascht, wie überwältigend die Unterstützung in der südhessischen Kleinstadt war.
Tatsächlich ist das deutsche Boot noch nicht voll – es ist nur mangelhaft verwaltet. Und der Film rückt die Proportionen zurecht: Deutschland nimmt zwar mehr Flüchtlinge auf als die meisten anderen Länder in Europa, aber umgerechnet auf die Einwohnerzahl nur einen Bruchteil verglichen etwa mit dem Libanon. Und wie sieht die Situation dort aus, in Ländern, die deutlich ärmer sind als Deutschland? Der Film begibt sich auch auf die Spur der Flüchtlinge im Libanon, in Griechenland, in der Türkei und er zeigt, wie die Kriminalisierung von Flüchtlingen Schlepperbanden in die Hände spielt.

Sendung: Montag, 14.9.15, 22:45h, ARD, Reihe »Die Story im Ersten« (45 Min.).

Aus aktuellem Anlass: Bericht aus Budapest von Frank Keil, Teil 1 (7.9.15), Teil 2 (8.9.15), Teil 3 (9.9.15), Teil 4 (11.9.15), Teil 5 (14.9.15)

Alles wird gut

Dokumentarfilm am 14. September über die Entstehung eines außergewöhnlichen Theaterstückes

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle WDR)
Foto: ZWEISAM, photocase.de

Ein besonderer Film über besondere Menschen: Der Filmemacher Niko von Glasow castete 14 Laien und Profis mit und ohne Behinderung, um mit ihnen ein Theaterstück von Null auf zu erarbeiten. Der Film dokumentiert diesen nervenaufreibenden, aber auch sehr lustigen Probenprozess bis hin zur Premiere. In dem Stück geht es um die Darsteller_innen selbst und ihre Träume: Einmal auf der Bühne stehen, einmal gesehen werden, einmal die große Liebe erleben – der Wunsch nach Anerkennung ist allen Menschen gemein. Und nur weil einige in der Truppe auf den ersten Blick keine Behinderung haben, heißt das noch lange nicht, dass sie normal sind …

Sendung: Montag, 14.9.15, 0:00h, ARD, Reihe »KinoFestival im Ersten« (93 Min.; Achtung: am Sonntagabend länger aufbleiben oder geeignetes Equipment zum Mitschnitt programmieren).

»Keine Mütter zweiter Klasse«

Ein Gespräch mit der Journalistin Barbara Streidl über ihre aktuelle »Streitschrift«.

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Interview: Thomas Gesterkamp
Foto: edwinsmom, photocase.de

Über Väter haben bisher vor allem Männer geschrieben, selten Frauen aus dezidiert weiblicher oder gar feministischer Perspektive. Jetzt appelliert die Münchner Journalistin Barbara Streidl an die Väter, »aus dem Schatten der übermächtigen deutschen Mutter« hervorzutreten. »Lasst Väter Vater sein« fordert sie.

Zum Interview. Ergänzend gibt es dort eine Übersicht zu kommenden Veranstaltungen mit Thomas Gesterkamp.

Willkommen in der Gegenwart

Jenny Hoch’s DLF-Feature am 21. August über die Rettung des Theaters durch Frauen und Migranten

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Inuit, photocase.de

Das deutsche Staats- und Stadttheater hat es sich zu lange in der Mehrheitsgesellschaft bequem gemacht. Es wird von Großregisseuren dominiert, meistens Männer über 50, die wie mittelständische Unternehmer agieren und von Subventionen leben. Die Folge: große Theatermüdigkeit, beginnende Musealisierung. Abhilfe soll nun die Öffnung schaffen: Öffnung nach unten, zu theaterfernen Milieus; nach außen, zu ausländischen Theatermachern und Ästhetiken; nach innen, zu einer weiteren, am deutschsprachigen Theater bisher ebenfalls unterrepräsentierten Personengruppe, den Frauen. Es ist chic geworden, seinen Spielplan mit einem Stadt-, Flüchtlings-, Migrationsprojekt aufzupolieren – aber kann das funktionieren?
Wir machen den Praxistest, besuchen unter anderem ein zukünftiges Flüchtlingshaus in München, das den Kammerspielen Realität beibringen soll, kochen persisch am Theater des Jahres in Berlin, messen den Rassismus-Level eines typischen Theatergängers und erfahren, warum Karin Beier, Intendantin des Hamburger Schauspielhauses, politisch korrekte Samthandschuhe im Umgang mit heiklen Themen ablehnt.

Sendung: Freitag, 21.8.15, 20:10h, Deutschlandfunk, Reihe »Das Feature« (50 Min.)

»Stark und verantwortlich« – Ratgeber für Väter nach Trennungen

Mehr als nur rechtliche Fragen zu Sorge, Umgang und Unterhalt

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Text: Alexander Bentheim
Foto: suze, photocase.de

Die »Väterratgeber« nennen sie sich, Eberhard Schäfer und Marc Schulte, und sicher zu Recht, denn beide schauen auf 8 Jahre Beratungserfahrung im Väterzentrum Berlin zurück, eine Einrichtung zur Förderung aktiver Vaterschaft und zur Stärkung der Beziehungen zwischen Vätern und ihren Kindern. Denn darum geht es ihnen »ganz wesentlich: dass Kindern nach Trennungen beide Eltern präsent bleiben«.

»In unserer Beratung für Väter nach Trennungen vertreten wir einen kooperativen und systemischen Ansatz. Wir geben Impulse in Richtung Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Vätern und Müttern im Interesse der Kinder«, schreiben die beiden Berater als Autoren des überarbeiteten, kürzlich in 3. Auflage erschienenen »Ratgeber für Väter nach Trennungen«. Das Taschenbuch ist für Väter in Trennungssituationen gedacht, aber ebenso für Fachkräfte, die in ihrer Praxis mit Vätern in Trennungssituationen zu tun haben. Und es geht um mehr als nur rechtliche Fragen zum Sorgerecht, zum Umgangsrecht und zum Unterhalt – nämlich darum, wie Väter nach Trennungen eine gute, lebendige und zugewandte Beziehung zu ihren Kindern erhalten können.

Die Leser und Leserinnen erhalten Auskunft über verschiedene Lebens- und Wohnformen nach Trennungen, sowie deren Vor- und Nachteile. Anschaulich wird dies durch Erfahrungsberichte von Vätern dargestellt. Zu Wort kommen auch ein Familientherapeut, ein Rechtsanwalt, ein Jugendamtsleiter und ein Familienrichter mit ihren Erfahrungen und Hinweisen, schließlich wurde auf Bitte bisheriger Leser und Leserinnen auch der Informationsteil um deutschlandweite Kontakt- und Serviceadressen erweitert.

Eine Leseprobe und das Portal der beiden Berater informieren über weitere Einzelheiten; eine Rezension zur Erstausgabe erschien von Thomas Gesterkamp im Sommer 2012 im Switchboard.

Fußballtrainer entscheiden irrational

Wenn eine Mannschaft unerwartet zurückliegt, treffen Trainer oft falsche Entscheidungen – sagt eine internationale Studie zur Verhaltensökonomik.

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle IDW)
Foto: time., photocase.de

»Wir denken immer, Fußballtrainer seien Meister der Taktik. Wenn ihr Team aber hinter Erwartungen zurückliegt, dann fällen sie zuweilen ungünstige Entscheidungen«, so Daniel Schunk, Prof. an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Trainer wechseln dann zum Beispiel zu oft offensive Spieler ein, was die Lage noch verschlimmert. Der Wirtschaftswissenschaftler hat zusammen mit Leif Brandes, Prof. an der Warwick Business School in Großbritannien, und Björn Bartling, Prof. an der Universität Zürich, das Verhalten von Trainern und Spielern in 12 Saisons der deutschen Bundesliga und der britischen Premier League untersucht.

Die Wissenschaftler werteten 8.200 Spiele mit insgesamt 22.460 Toren, 42.359 Einwechslungen und 30.694 gelben und roten Karten aus. Die Analyse zeigt, dass Fußballtrainer wesentlich häufiger zu einer offensiveren Strategie übergehen, wenn ihr Team unerwartet zurückliegt. Liegt ein Team beispielsweise 0:1 zurück und ist dies nicht erwartet, dann wechseln sie vermehrt Stürmer gegen Verteidiger ein – mit negativen Konsequenzen: Die Tordifferenz verschlechtert sich um 0,3 Tore pro offensivem Wechsel. Das heißt, dass derartige Wechsel die Anzahl der Gegentore stärker erhöhen als die Anzahl der selbst geschossenen Tore, was sich auch in einer um 0,3 verschlechterten Punktzahl für das Team niederschlägt. Wenn ein Rückstand den Erwartungen von Publikum und Trainer entspricht, zeigen sich solche Effekte nicht. Die Erwartungen an die Teams haben die Wissenschaftler anhand von Sportwetten ermittelt.

Die Analyse ergab außerdem, dass die Schiedsrichter bei einem unerwarteten Rückstand wesentlich mehr Regelverstöße ahnden mussten. »Die Spieler haben während dieser Zeit 14 Prozent mehr gelbe oder rote Karten pro Minute erhalten, das ist ein sehr signifikanter Unterschied«, ergänzt Schunk. Wie die Analyse außerdem ergab, wurden mehr Karten für Tätlichkeiten oder für Meckern angezeigt.

Mit ihrer Studie testeten die Wissenschaftler ein Modell aus der Verhaltensökonomik, einem Forschungsgebiet der Wirtschaftswissenschaften. Das Modell geht davon aus, dass sich Menschen nicht immer rational verhalten, wenn ein Ergebnis hinter ihren Erwartungen zurückbleibt. »Genau dies sehen wir bei Fußballteams, wenn sie als Favoriten ins Spiel gehen«, sagt Leif Brandes. »Spieler und Trainer erhalten große Summen, um jede Woche vor einem riesigen Publikum zu spielen. Wie wir sehen, kann das psychischen Stress verursachen und irrationales Verhalten auslösen, indem ein zu großes Risiko eingegangen wird, falls die Erwartungen nicht erfüllt werden.« Die Studie über die beiden Spitzenligen des europäischen Fußballs zeigt, dass derartige Verhaltensweisen nicht nur unter kontrollierten Laborbedingungen, sondern auch im wirklichen Leben vorkommen. Björn Bartling ergänzt: »Das Ausmaß des Effekts ist enorm. Karten wegen Tätlichkeiten nahmen um 85 Prozent zu, wenn das Team unerwartet zurück lag.«

Damit wird einmal mehr die »klassische« Modellannahme der Wirtschaftswissenschaften in Frage gestellt, wonach der Mensch als Homo oeconomicus rein nach Gesichtspunkten der rationalen Nutzenmaximierung agiert.

»Es kann gefährlich werden.«

Ein Gespräch mit Björn Klauer über die bevorstehende zweite Expedition mit seinem Team in die Arktis.

Expeditionsteilnehmer

Interview: Frank Keil
Foto: Björn Klauer

Björn Klauer, Hamburger Skandinavien-Auswanderer und mit seiner Lebensgefährtin Betreiber einer Huskyfarm in Nordnorwegen, veranstaltet dort nicht nur Hundeschlittentouren, sondern geht zuweilen mit seinem Team und seinem Sohn auch auf Expeditionsreisen. Eine solche steht wieder unmittelbar bevor – genauer: heute, am 14. Juli, geht es los. Nach Spitzbergen, um Zeugnisse einer dort vor über 100 Jahren verschollenen Expedition zu suchen. Mit welchen Gedanken, Vorbereitungen und früheren Erfahrungen – ja, auch mit Eisbären – man sich da beschäftigt, davon erzählt der Expeditionsleiter im Interview.

Zum illustrierten Interview

Skurril und melancholisch

Die fotografischen Männergeschichten von Jens Kuhn

Text und Interview: Alexander Bentheim
Fotos: Jens Kuhn
Reihe »Bilder und ihre Geschichte« #3 (slideshow by click on pic)


Männer in weiten Landschaften, ein halb gedeckter Esstisch auf einem Parkplatz, dann dieses rote Megafon und wer weiß, was da gleich und vielleicht sehr plötzlich passiert? Mit den Bildern von Jens Kuhn kann mancher sicher nicht sofort etwas anfangen. Es gibt eine merkwürdige Stille und scheinbare Unverbundenheit in ihnen, eine melancholisch-skurrile Bildsprache tut ihr Übriges, diesen Eindruck zu unterstreichen. Aber wenn man sich auf sie einlässt, spürt man die inneren Bewegtheiten der Beteiligten und entfalten sie Geschichten, die man irgendwie auch schon einmal selbst erlebt zu haben glaubt. Und sind es deshalb nicht nur wert, gezeigt und gesehen zu werden, sondern nachzufragen, wer und was sich hinter ihnen verbirgt.

Jens, wie findest du deine Themen?
Eine sehr gute Frage, darüber habe ich mir ehrlich gesagt nie richtig Gedanken gemacht. Ich geh ziemlich unbedarft an solche Motive heran und habe das seltene Glück, mit Menschen zu arbeiten, die ebenso ticken wie ich. Ich muss mich vor ihnen nicht erklären. Es sind ganz grobe Visionen, die ich im Kopf habe… dann landen mal eben ein alter Esstisch, Stühle und ein Megafon im Kofferraum. Man fährt dann einfach mit offenen Augen los und – Peng – dann ist dort eine alte Hütte, welche verlassen mitten auf einem Feld steht. Situationsfotografie, oder? 😉
Der ganz Krempel fliegt aus dem Auto und man taucht in eine andere Welt ein. Es wird viel gelacht, man groovt sich irgendwie in eine Rolle, und je länger so eine Session andauert, umso bizarrer wird das Ganze. Man »lebt« irgendwann in dieser Szenerie. Ich mag eher das Surreale, Melancholische und Skurrile, wie du bereits sehr treffend erkannt hast. Mir ist wichtig, den Betrachter fragend mit dem Motiv zurückzulassen, sich seiner Fantasie hinzugeben. Sicherlich mögen viele meiner Bilder für den Konsumenten erst einmal verwirrend erscheinen und man fragt sich vielleicht auch, was zur Hölle mich geritten hat. Ich finde es wichtig, sich als Betrachter mit einem Motiv zu beschäftigen, in dieses einzutauchen. Mir wurde schon sehr oft gesagt, dass meine Bilder Geschichten erzählen, von Trauer, von Depressionen, von Sarkasmus, Neugier, was da wohl jetzt passieren könnte usw. Es sind sozusagen erstarrte Situationen und es obliegt einzig der Fantasie des Betrachters, wie diese weitergehen. Ich finde das total spannend. Jeder empfindet vermutlich etwas anderes beim Betrachten. Deswegen möchte ich niemanden meine Bilder erklären, dass soll man mal schön mit sich selbst ausmachen. So entstehen quasi Seelenfotos. Im wahren Leben bin ich Busfahrer, verrückt … oder? Ich rede nicht viel und habe eine sehr gute Beobachtungsgabe. Das Leben ist völlig skurril, vielleicht ist das eine unbewusste Inspirationsquelle. Ich schreibe auch gern humorvolle Kurzgeschichten, imaginäre Träume und skurrile Tageshoroskope. Ich brauche diese Ventile im Leben. Vielleicht ist mein Output aber auch nur das Ergebnis totaler Depressionen. Ich weiß es nicht.

Wer oder was inspiriert dich in der Fotografie?
Anton Corbijn. Ich bin ein Kind der 80er und habe die alten Depeche Mode Videos geliebt. Seine Musikvideos zu »Behind the Wheel«, »Never let me down again«, »Enjoy the Silence« zum Beispiel sind Meilensteine. Schau dir sein Video zu »In your Room« an, jede Einstellung ein perfekt komponiertes Bild. Das imponiert mir. Ansonsten lasse ich mich von Musik inspirieren. Ich liebe (u.a.) Dead can Dance, GusGus und VNV Nation. Fotografieren und/oder eine Bildbearbeitung ohne Musik ist für mich quasi unmöglich. Höre ich diese Art von Musik, dann formen sich im Kopf Bilder.

Möchtest du etwas erreichen mit deinen Bildern? Was?
Ich möchte, dass man sich Gedanken macht. Wir bekommen im Leben schon alles vorgekaut. Ich finde so kleine »Fantasie-Inseln« deshalb sehr spannend und auch sehr wichtig.

Lebst du von deiner Fotografie?
Nein. Fluch und Segen zugleich. Natürlich ist es schön, wenn jemand deine Arbeit zu schätzen weiß. Auf der anderen Seite möchte ich mich aber auch nicht verkaufen. Ich möchte »Ich« bleiben und nicht auf Kommando kreativ sein, da würde viel verloren gehen. Ich sehe das bei vielen Musikern, aber auch Fotografen. Schau dir z.B. Hochzeitsfotos von professionellen Fotografen an. Kreativität, Charme und Witz ersticken oft in Zeitnot, Routine und den Zwang, das Leben zu finanzieren. Ich mache prinzipiell nur das, was mir Spaß macht und möchte mir da nicht gern reinreden lassen. Klingt vielleicht überheblich, ist es aber nicht. Ich möchte einfach nur meinen Anspruch Genüge tragen, denn ich selbst bin mein größter Kritiker.

Welches Bilderprojekt würdest du gern einmal realisieren?
In farbenfroh glänzenden Nylon-Freizeitanzügen aus den 90ern und vor den passenden Gebäuden abstrakte Situationen nachspielen. Irgendwie sollte noch ein Mann mit Anzug dabei sein, alkoholische Erfrischungsgetränke, Kinderwagen, ein Hund und wichtige Gegenstände. Hab da ganz grobe Visionen im Kopf, die mich gerade zum Schmunzeln bringen. Fotografien mit älteren Menschen würden mich auch sehr reizen.

Jens Kuhn, Jg. 1970, lebt und arbeitet in Weimar. Er fotografiert seit 15 Jahren. Zu finden sind er und seine Bilder unter seinem photocase-Account busdriverjens und bei Facebook.

Spirale von Reichtum, Angst, Gier, Bewaffnung und Krieg

David McKee‘s »Sechs Männer«

Ein Trupp von Soldaten patroulliert durch eine Steppe

Text: Ralf Ruhl
Foto: Birne X., photocase.de

Eine Geschichte für Kinder um sechs Männer auf der Suche nach einem Ort, wo sie in Frieden leben und arbeiten können, die aber am Ende auch alles verlieren, was sie zuvor gewinnen. Und das alles wegen einer Ente!? Eine Parabel auch um die Frage an, was sie ändern müssten, um nicht wieder einen Krieg zu entfa­chen.

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