»Aus dem Tagebuch eines Blindgängers«

Jürgen Flegers »Schmunzelgeschichten aus dem lichtleeren Raum« als Verständigungsangebot für sehende Menschen.

Text: Alexander Bentheim
Foto: ozzuboy, photocase.de

 
Für sehende Menschen ist es oft ein Rätsel: Wie kann man ohne Augenlicht überleben? »Ganz gut!«, findet Jürgen Fleger, »hilfreich ist allerdings, wenn man genügend Erfahrungen sammeln konnte und ein paar Tricks und Kniffe gelernt hat«.
Jürgen Fleger ist seit gut 30 Jahren komplett blind und weiß, wovon er spricht. Denn er ist schon recht viel herumgekommen in der Welt. Alleine, oder in Begleitung seiner Blindenführhunde, hat er fast alle Länder Europas bereist, war auch in Indien, Nord- und Südamerika. Und hat von überall her »wirklich erlebte« Anekdoten mitgebracht, in denen er kurzweilig und mit Humor beschreibt, was einem blinden Menschen passieren kann, wenn er offenen Ohres durch’s Leben geht. Er beschreibt Erlebnisse, in denen es mal lustig und mal schon einigermaßen gefährlich zuging. Dabei erklärt er anschaulich, wo die Probleme für blinde Menschen liegen können und macht sehenden Menschen Lust, nochmal über ihre bisherigen Strategien für Hilfsangebote nachzudenken. Jürgen Fleger nimmt mit in seine unsichtbare Welt und gibt praktische Tipps, wie jede*r blinde Menschen im Alltag gut unterstützen kann.

Zur Geschichte

Neugieriges Spielen mit Images

Eine fotografische Inszenierung zur »Kunst der Verwandlung«

Porträt eines Menschen hälftig als Frau und als Mann

Text: Alexander Bentheim (»Bilder und ihre Geschichte« #20)
MakeUp: Ursula Schäfer
Model: Manfred »Doci« Flucht
Foto: Andreas Kleve


Eine Visagistin wird inspiriert von der Fotoserie eines Wochenmagazins, ein Künstlerfreund bietet sich als Model an, ein Fotograf ist ebenfalls bald gefunden. Die Haare werden gelegt, der Bart hälftig rasiert, der Lippenstift angesetzt, der Kajal aufgetragen – eine Verwandlung auf kurze Zeit, die nicht nur optisch eine Spur hinterlässt. »Das hat etwas mit mir gemacht«, sagt das Model, »vor allem neugierig – und meine weibliche Seite hat mich angenehm an meine Tante erinnert«.
Das Bild hängt als Plakat im Laden der Visagistin, das Model wird erkannt und interessiert angesprochen, es gibt durchweg positive Resonanzen. Erst zwei Tage später geht es zurück in den ursprünglichen Look. Aber das Foto bleibt, und mit diesem die Chance, sich mit eigenen Impulsen beim Betrachten des Bildes zu beschäftigen.



Reihe »Bilder und ihre Geschichte/n«
#19 | Alexander Bentheim, Eine Frage der Perspektive
#18 | Ina Buskens, »Männer mögen es, wenn sie etwas härter dargestellt werden, als sie in Wirklichkeit sind.«
#17 | Alexander Bentheim, Zeitenwende / Beleidigungen in der Postmoderne
#16 | Frank Keil, Warten auf den nächsten Zug
#15 | Alexander Bentheim, Im Bistro am Ölberg
#14 | Alexander Bentheim, »Riskanter, als Aktien zu haben …«
#13 | Rolf Lüüs, Geschenkte Momente
#12 | Christian Thiel, Ein Augenblick der Ruhe und Verbundenheit
#11 | Tom Focke, Berliner Trompeten
#10 | Kerstin Maier, 9 Tage Glück / Familiensachen
#09 | Jo Fröhner, Rollentausch am Arbeitsplatz / Wenn Männer Männer pflegen
#08 | Kerstin Maier, Roadmovie / Männersachen
#07 | Caio Jacques, Von Luis zu Mina / Eine Reise zwischen den Geschlechtern
#06 | Alexander Bentheim und Frank Keil, Stephen Sondheim’s Musical »Assassins«
#05 | Soumita Bhattacharya, Mandeep Raikhy’s »A MALE ANT HAS STRAIGHT ANTENNAE«
#04 | Gilles Soubeyrand, Portraits und ein Interview
#03 | Jens Kuhn, Fotografische Männergeschichten und ein Interview
#02 | Kerstin Maier, 11 Freunde
#01 | Sebastian Ansorge, malender Kreativitätsbegleiter

Oh no »Oh Boy«

Der Berliner Kanon Verlag zieht seine vielgelobte Anthologie »Oh Boy« zurück – auch hier, an diesem Ort, sehr positiv besprochen. Das will erklärt und zuvor beschrieben werden.

Mann mit Stift auf der Nase

Text: Frank Keil
Foto: obeyleesin, photocase.de (Symbolbild)

 
Potzblitz – wie konnte das passieren?! Da erscheint ein Buch zum Thema heutiger Männlichkeit*en und es wird in den Feuilletons dieser Republik sehr anerkennend besprochen und durchweg sehr gelobt; auch hier auf dieser Plattform. Und nun wird es nicht mehr ausgeliefert, der Verlag zieht es zurück. Alle begleitenden Lesungen sind zudem abgesagt. Die Aufregung nicht nur in den Sozialen Medien ist groß.

Es geht dabei ausdrücklich um einen einzelnen Text, nämlich um »Ein glücklicher Mensch« von Valentin Moritz, einem der beiden Herausgeber. Darin umschreibt er einen sexuellen Übergriff gegenüber einer Frau, den er begangen hat. Ziel des Textes sei es, so erfährt man es in dessen zweiten Teil, sich zu bekennen und das Bekennen zu beschreiben, um so zu reflektieren, um so zu lernen, damit es nicht wieder geschieht. Ihm, dem Autoren nicht und anderen Männern auch nicht. Das ist die quasi literaturpädagogische Aufgabe, die sich Moritz gestellt hat.

Nur gibt es da noch etwas Anderes. Die Frau nämlich, die diesen Übergriff erleben und erleiden musste. Und sie – eine reale Frau, natürlich – hat den Autoren zuvor klar aufgefordert, über das Geschehene nicht zu schreiben. Er solle – sozusagen – das Geschehene nicht noch einmal schreiberisch wiederholen; er solle es nicht verdoppeln, er, der schreibende Täter, sich nicht erneut inszenieren, auf dass sie als das beschriebene Opfer zurückbleibt.

Der Autor hat der Bitte dieser Frau, die anonym bleiben möchte und von der paradoxerweise im Fortlauf der Berichterstattung immer mehr bekannt wird, nicht entsprochen. Er hat den Text geschrieben. Und jetzt bewegen wir uns außerhalb des Textes: er hat die Zusammenhänge gegenüber seinem Verlag offengelegt, vor der Drucklegung, wie man so sagt. Er hat sie nicht verschwiegen. Nach Auskunft des Verlages lag zunächst folgende Option auf dem Tisch: Moritz zieht sich von dem Buchprojekt insgesamt zurück. Der Verlag entschied anders. Und der Autor folgte.
Nun gibt sich der Verlag reumütig, ein großer Fehler sei es gewesen, den Text zu veröffentlichen; sollte das Buch neu aufgelegt werden, wird es daher ohne den beanstandeten Text erscheinen. Ich wage mich mal kurz aus dem Fenster: nach dem Wirbel, der nicht nur in den Sozialen Medien zu verfolgen ist, ist eine Neuauflage in gedruckter Form eher unwahrscheinlich.

»Oh Boy« ist eine literarische Anthologie. Die an ihr beteiligten Autoren treten an, um sich dem Erkundungsfeld Männlichkeit*en mit literarischen Mitteln und Formen und zuweilen einer ganz eigenen Sprache zu nähern und es dann zu betreten, und sie folgen damit gerade nicht journalistischen und/oder wissenschaftlichen Standards (wo da genau die Trennlinie zur Literatur verläuft, darüber ließe sich gewiss umfassend streiten). Was berichtet wird, was Erzählstoff ist, hat sich also einerseits nicht so wie beschrieben ereignet – und andererseits eben doch oder anders oder nicht genauso oder nur so ähnlich und auch wieder nicht – und so weiter. Dabei kann man noch so viel verfremden und überschreiben: auch das Erfundene gibt es nur, weil sich zuvor etwas ereignet hat, das anschließend Erzähl-Material wird. Woher sollte dieses sonst kommen?

Ich habe den Text von Valentin Moritz gelesen, bevor ich das Buch besprach, selbstverständlich. Und ich habe diesen Text in meiner Besprechung salopp hintenüberfallen lassen, ich habe ihn einfach nicht weiter erwähnt. Nicht, weil ich schon etwas von dem Kommenden ahnte und so vorbeugen wollte, das wäre ja cool. Sondern: Ich mag diese Art von Selbstbezichtigungstexten grundsätzlich nicht. Sie berühren mich bald unangenehm. Es liegt immer ein Hauch von Eitelkeit in der Luft und zuweilen mehr als das: Ich bekenne mich schuldig und in dem ich mich schuldig bekenne und in dem ich mich selbst in aller Öffentlichkeit an den Pranger stelle, ist die Schuld schon halb abgetragen, wenn nicht weit mehr als das. Mit seiner Schuld – ich bin jetzt mal kurz böse – hausieren zu gehen und sie für sich öffentlich anzunehmen, um daraus ein Thema zu entwickeln, für ein Buch, für einen Film, für was auch immer, ist selbstverständlich ein legitimes Vorgehen. Es ist nur einfach nicht mein Fall. Andere entscheiden da anders. Als Leser*innen und eben als Autor*innen.

Wobei – das meine ich auch jetzt, wo das Buch nochmals aufgeschlagen neben mir liegt und ich in diesen Text noch einmal lesend geschaut habe – mir schien und scheint, als ob dem Autor von Anfang an selbst nicht ganz wohl war bei seinem Besserung-durch-Geständnis-Projekt. Zu unklar, zu verwirrend, vor allem zu abstrakt umschreibt der Text das Geschehene, ohne es in seinem Kern zu berühren, und das macht es einem alles andere als leicht, zu verstehen, um was es ihm eigentlich geht: Es ist schlichtweg unabhängig davon, ob es okay ist, einen solchen Text zu schreiben, er bleibt ein schwacher und zielloser und oftmals auch pathetischer Text, der mich erneut ratlos zurücklässt.

Und nun? Ich will mich um eine Antwort nicht drücken: ja, man darf als Täter (was immer jetzt Täter im Einzelfall ist; es ist auf jeden Fall ein Wort, vor dem wir sofort in die Knie gehen) in literarisierter Form über seine Tat schreiben. Die Frage ist: wie, also in welcher Form? Und die Frage ist: warum, was ist der Zweck? Und drumherum gibt es die Gesetze, denen man sich gegebenenfalls stellen muss, die dann entscheiden und die über jeglichen moralischen Forderungen stehen und werden diese noch so vielfältig über die Sozialen Medien gestellt (die Literaturgeschichte ist voll von Prozessen und Urteilen, ob ein Text oder Buch veröffentlicht werden darf). Und ebenso gilt: Nicht alles, was man darf, sollte man auch tun. Und oft ist man gut beraten, von sich aus zu verzichten.

Und zum anderen Grundsätzlichen. Wie umgehen mit Stoffen, in denen es nun mal angelegt ist, dass mitmenschliche und zwar heftigste Kollisionen ins Zentrum rücken und sich mehr oder weniger deutliche Erkennbare zu Wort melden und für ihr Recht auf Nichterwähnung plädieren: Romane über die Kindheit, Erzählungen über eine gescheiterte Ehe oder Liebe oder Affäre, um kurz das Naheliegendste zu nehmen? Die Literatur ist auch davon voll; sie existiert von ihr. Und so verlangen die Fragen nach den Bedürfnissen und Interessen von Beschriebenen nach literarischen Antworten, die immer wieder neu gestaltet und riskiert werden müssen.

Ein Beispiel, um das Feld kurz zu erkunden: In letzter Zeit ist dankenswerterweise ein Schwung von Romanen und Erzählungen jüngerer Autor*innen mit migrantischen Wurzeln und entsprechenden Lebensgeschichten erschienen. Die dort beschriebenen Väter und Mütter kommen nicht immer gut weg. Manchmal kommen sie gar nicht gut weg. Werden zuweilen sehr drastisch und konsequent und deutlich in ihrer Unfähigkeit beschrieben, ihren damaligen Kindern eine Orientierung zwischen den verschiedenen Lebenswelten zu bieten, in denen sie sich zurechtfinden mussten. Literarisch wird das erzählt, wird angeklagt, wird auch gewütet und geschimpft, literarisch wohlgemerkt. Aber eben auf Grundlage persönlicher Erlebnisse und Erfahrungen und auch Verletzungen, aus denen Textdateien wurden.
Ältere werden sich an die so genannte Väter-Literatur der 1980er-Jahre erinnern, was wurden da die Väter der Kriegsgeneration von ihren 1968er-Kindern literarisch verdroschen! In den letzten Jahren erst weitete man den Blick, und zwar auf die Traumatisierungen hin, die diese Väter selbst erlebt hatten, auf ihre womögliche Unmöglichkeit, die erlebte Gewalt in Erziehung und Krieg und Alltag einigermaßen zu verarbeiten, statt sie mehr oder weniger linear an ihre Kinder und besonders an ihre Söhne als eine Art Double weiterzugeben, die sich nun damit abmühen mussten und dabei zur Schreibmaschine fanden. Viel Zeit, auch Nachdenkenszeit musste vergehen, damit dieser zweite Blick, der Blick auf das Dahinter möglich wurde. Heute ist man auch literarisch schlauer – und empfindsamer und gnädiger und also weit weniger rigoros.

Ich schaue nochmal in den Text von Valentin Moritz, lese, blättere weiter, lese; zwei-, dreimal habe ich den Satz »Das ist doch eher ein Sturm im Wasserglas« hingetippt und besser wieder gelöscht. Kein Frauenname fällt, kein Ort wird beschrieben, in dem jener Übergriff geschah. Wir Lesende werden in keine Wohnung geführt, kein Bett steht in irgendeinem Raum mit Schreibtisch, Pflanzen und Bücherregal, noch sonst etwas. Was wir über den Übergriff erfahren, der doch der Grund für diesen Text ist, ist rein Gedankliches und dieses Gedankliche ist fast ausschließlich selbstreflexiv und tendenziell selbstgefällig: »Ich rede noch immer um den heißen Brei herum. Dabei glüht der ganze Text längst vor Schamesröte«.
Oh, nein, der Text glüht nicht vor Schamesröte. Der Autor mag beim Schreiben geglüht haben, das glaube ich gerne und sofort. Doch es hat ihn offensichtlich nicht herausgeführt aus einem inneren und kalten Durcheinander von Anspruch und Wirklichkeit, das eingefasst ist von einer Rahmenhandlung, wo junge Männer irgendwo am Strand von Usedom Frisbee spielen. Wenn man dem Text eine inhaltliche Unangemessenheit vorwerfen muss, dann wohl eher die, dass der Autor einen körperlichen Übergriff gegen eine Frau in ein selbstbezogenes Gedankenspiel während eines heiteren Sommermoments überführt, wo junge, unbedarft wirkende Männer einer Plastikascheibe hinterherrennen wie junge Hunde. Führt dieser Weg irgendwohin?

Vielleicht hätte Moritz es bei seinem Projekt der Enttarnung unangenehmer bis schä(n)dlicher Männlichkeit einfach eine Nummer kleiner angehen lassen sollen. Bescheidener, zurückhaltender und in der Themen-Beispiel-Wahl demütiger. Warum musste es – ich bin mal kurz zynisch – ausgerechnet eine der Königsdiziplinen der toxischen Männlichkeit sein: der sexualisierte Übergriff? Wie viel erhellender wäre es gewesen, für uns, für ihn, wenn er sich die Frage gestellt hätte: »Warum muss ich mich unbedingt so in mein Thema verbeißen?« Wenn er sich als Mann gefragt hätte: »Warum kann ich nicht sagen: Okay, dann geht das eben nicht; dann kann ich die Geschichte nicht so, wie von mir gewünscht, schreiben.« Die Welt ist voll von Männern, die nicht aufhören können: ob sie nun bis spät in die Nacht das Bad neu fliesen, ob sie noch am Geschäftsbericht sitzen, obwohl die Sonne aufgeht und ob sie die Strecke Berlin-Adria in einem Rutsch zu fahren sich vorgenommen haben und das dann auch tun.

Tja. Noch mal: Was fangen wir nun an mit dem Schlamassel? Da fällt mir – Kunstgriff – noch ein Buch ein, dass ich vor einigen Jahren hier auf den MännerWegen besprochen und empfohlen habe, 2017 war das, so lange ist das her? Egal. »Ich will dir in die Augen sehen« von Thordis Elva und Tom Stranger führt dem oben Beschriebenen gegenüber nun wirklich in das Zentrum eines Sturms, mit anfangs ungewissen Ausgang: Eine Frau trifft nach Jahren den Mann wieder, der sie einst vergewaltigt hat, und es folgt das Protokoll einer Wiederbegegnung, damit man am Ende für immer auseinander gehen kann. Ich schaue schnell mal nach: Oh, es ist noch erhältlich

PS: Und Valentin Moritz? In was hat er sich da nur reingeritten und warum hat ihn sein Verlag – offenbar – so wenig bis falsch beraten? Ich jedenfalls wünsche ihm an dieser Stelle hier von Herzen, dass er das alles gut übersteht: die berechtigte Kritik, wohl auch die Scham, die nicht ausbleiben dürfte; die Anwürfe, die Beschimpfungen auch, die es bestimmt gibt, und er heil dabei bleibt. Das fällt uns Männern nämlich gar nicht so leicht: einzugestehen, dass so etwas passieren kann und dann daraus zu lernen, im nun endlich eigenen Tempo.

Voll ungelogen

Männer, das sind … tja, was? Und warum sind sie so seltsam und so schwierig und was man so hört: auch so verschlossen? Und los geht die Suche.

ein Mann kämpft gegen fliegende Zeitungen an

Text: Frank Keil
Foto: kallejipp, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 31te KW. – Die literarisch grundierte Anthologie »Oh Boy« versammelt sehr intensiv so kluge wie offene Entwürfe von – hoppla! – Männlichkeit*en.

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Ständiges Auf und Ab

Der Historiker Benno Gammerl erzählt die wechselhafte Geschichte von Homo- und Transsexuellen in Deutschland.

Wand mit Farbverläufen

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: Godjes, photocase.de

 
Im Januar 2023 standen bei der jährlichen Holocaust-Gedenkveranstaltung des Deutschen Bundestages zum ersten Mal jene Opfer im Mittelpunkt, die von den Nationalsozialisten wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden. Dieser erinnerungspolitische Erfolg verdankt sich dem beharrlichen Insistieren queerer Bewegungen. Er musste gegen teils heftige Widerstände vor allem konservativer Abgeordneter durchgesetzt werden – und bedeutete einen weiteren Schritt, der zur gesellschaftlichen Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt und gender-nonkonformer Lebensweisen beigetragen hat …

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Gefühle lernen

Empathie lernen und die eigenen Gefühle wahrnehmen – wie das geht, wird in diesem Kinderbuch für die Jüngsten deutlich.

glücklicher Junge mit geschlossenen Augen

Text: Ralf Ruhl
Foto: LP, photocase.de

Was geht in dem Jungen vor, dem die Haare zu Berge stehen, dessen Gesicht rot angelaufen ist, der den Mund weit aufgerissen hat und der wild gestikuliert? Wie geht es dem Mädchen, das die Hände vor dem Bauch kreuzt, dessen Augen groß sind und leicht grau, das zusammengesunken da steht und offensichtlich nicht mit den anderen im Hintergrund spielen darf? Mit »In mir … und in den anderen« schreiben und zeichnen Karen Glistrup und Pia Olsen ein Buch über Kinder und ihre Gefühle. Höchst empfehlenswert vor allem für Eltern und pädagogisches Personal.

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»Er sah grauenvoll aus«

Manchmal hat man Glück und entdeckt ein Buch von zeitloser Prägnanz wie Schönheit. Und kann nun immer wieder eintauchen in eine eigene Welt, die so verstört wie betört.

Kind als Engel verkleidet vor einem Lost Place

Text: Frank Keil
Foto: Gundula Schulze Eldowy

Männerbuch der Woche, 19te KW. – Die Fotografin Gundula Schulze Eldowy nähert sich in ihren Berliner Geschichten »Am fortgewehten Ort« den Tiefen des Lebens. Eine Entdeckung.

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Gesehen werden und sehen

Was sind eigentlich die Unterschiede zwischen trans*, inter* und non-binär? Was genau ist queer? Und wie hat alles einst angefangen: Wann und warum definierten die ersten Menschen ihr Geschlecht als nicht definierbar, wann gab es die ersten geschlechtsangleichenden Operationen und wer führte sie durch? Fragen über Fragen – die weiterführen.

Transvestiten 1921

Text: Frank Keil
Foto: bpk / Kunstbibliothek, SMB, Photothek Willy Römer

Männerbuch der Woche, 18te KW. – Eine sehenswerte Ausstellung und der begleitende Katalog dazu: »TO BE SEEN« im NS-Dokumentationszentrum München bietet einen ersten, wichtigen Überblick über die Geschichte queeren Lebens in Deutschland von der Kaiserzeit bis in die Nachkriegsjahre.

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Verletzte Helden

Über Depressionen als zunehmendes Männerproblem und ihre Behandlungsmöglichkeiten.

Ein Mann versteckt sich hinter einem Kissen an einer Wand

Text: Ralf Ruhl
Foto: Andreas Siegel, photocase.de

Männer verbergen eine Depression oft hinter Schweigen oder Aggression. Sie wollen sie nicht wahrhaben, sind aber besonders gefährdet, insbesondere in Hinsicht auf soziale Isolation, Sucht und Suizid. Dr. med. Jens-Michael Wüstel zeigt in seinem Buch männerspezifische Auswege und Bewältigungsstrategien.

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»Diese Drecksau in meinem Körper soll mein Leben nicht beherrschen!«

Wenn das eigene Leben bedroht ist, kommt manches ins Rutschen: die Lebensroutine, die Gewissheiten, die Gefühle sich selbst und der Welt gegenüber. Wo bitte festhalten?

Mann hält einen Kugelschreiber und einen Totenkopf

Text: Frank Keil
Foto: Ezio Gutzemberg, photocase.de

Männerbuch der Woche, 17te KW. – Arno Luik bietet mit »Rauhnächte« ein so sensibles wie wütendes und also ambivalentes Protokoll (s)einer Krebserkrankung.

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