Long Thanh will lachen

ARD-Reportage am 29. August über einen von »Agent Orange« betroffenen vietnamesischen Jungen

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle NDR)
Foto: Lukow, photocase.de

Sich zu bewegen fällt ihm schwer, das Atmen auch. Die Muskeln schmerzen und die Knochen. Long Thanh ist kein Greis, sondern 13 Jahre alt. Er ist Opfer eines Krieges, der eigentlich längst zu Ende ist. Sein unsichtbarer Feind: das chemische Entlaubungsmittel »Agent Orange«, das die Amerikaner im Vietnamkrieg massenhaft über dem Dschungel Vietnams versprüht haben. Die Blätter fielen von den Bäumen und das Dioxin blieb, im Boden und Trinkwasser – mit schrecklichen Folgen bis heute.
Dieser Krieg ist 40 Jahre her. Drei Millionen Vietnamesen sind an den Folgen von Agent Orange erkrankt, 150.000 Kinder wurden seit Kriegsende mit schwersten Behinderungen geboren. Jahrelang hat Vietnam um Hilfe gebeten. Die USA haben stets vertröstet, geleugnet, gezweifelt, abgestritten. Bis heute will die amerikanische Regierung keinen direkten Zusammenhang zwischen »Agent Orange« und den behinderten Kindern sehen.

Long Thanh und sein ebenfalls kranker Bruder brauchen Pflege rund um die Uhr. Sie können sich nicht alleine anziehen, nicht selber essen. Sie können auch nicht in die Schule gehen. Beide Kinder sind seit ihrer Geburt schwer behindert. Ihr Vater Tran Nhat Lin war mit dem dioxinhaltigen Agent Orange in Berührung gekommen.
Das Leben der Familie ist nicht einfach, aber auf bewundernswerte Weise bewahren sie ihre Zuversicht. Und trotz seines schweren Schicksals ist Long Thanh neugierig, hat Freunde, will mehr vom Leben, als es ihm momentan bietet.

Aber wie soll das gelingen? Long Thanhs Familie ist arm. Durch die intensive Betreuung der Kinder und den geschwächten Vater kann die Mutter nicht genug Geld verdienen. Oft sind sie sogar auf Reisspenden aus ihrem Dorf angewiesen. Bildung ist Long Thanh bislang verwehrt – obwohl er wissbegierig ist. Als ARD-Reporter Philipp Abresch im Frühjahr 2015 die Familie von Long Thanh auf einer Reise durchs Land porträtiert hat, fanden sich spontan viele Zuschauer, die der Familie helfen wollten. Jetzt reist Philipp Abresch noch einmal in die entlegene ländliche Gegend, in der Long Thanh lebt – und bringt Hoffnung mit.

Sendung: Samstag, 29.8.15, 16:30h, ARD, Reihe »Reportage im Ersten« (30 Min.). Der NDR berichtet ausführlich in einer Multimedia-Doku zu den Hintergründen.

Radikalisierung & Militanz als Ausdruck von Männlichkeiten?

Der hessische Fachtag Jungenarbeit fragt am 9. und 10. November 2015 im Haus der Jugend in Frankfurt/M. nach Antworten

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Text: Christian Sieling | Marc Melcher
Foto: inkje, photocase.de

 
Nicht erst durch die Berichte über jene, die sich dem IS in Syrien oder dem Irak anschließen wollen, ist der Blick auf die Radikalisierung männlicher Jugendlicher gelenkt. Radikalisierungsdynamiken unter muslimischen Jungen sind unter pädagogischen Fachkräften schon lange Thema. Und auch in der extremen Rechten spielen Männlichkeitskonstruktionen bei der Ansprache und Radikalisierung junger Männer eine wichtige Rolle, die die Fachdebatte prägen.
Was sind die Ursachen für die damit verbundene Faszination für junge Männer und wie kann man dem pädagogisch begegnen? Wir, die Fachgruppe Jungenarbeit als Veranstalter, erwarten uns vom Fachtag für unsere Arbeit mit Jungen neue Einblicke zum Thema durch Impulse der Referenten (Ahmad Mansour, Olaf Jantz, Helge von Horn), Ideen für die Praxis aus der gemeinsamen Arbeit in den Workshops, Vernetzung und Austausch untereinander. Alle weiteren Infos finden sich im Tagungsflyer.

Aufregung, Ektase – und Ernüchterung

Peter Richter erzählt in seinem Roman »89/90« vom exzessiven Lebensgefühl der Wendejugend – nicht nur in Dresden

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Text: Frank Keil
Foto: cydonna, photocase.de

Männerbuch der Woche, 29ste KW. – Spätestens im Herbst ist es wieder so weit und es wird der 25ste Jahrestag der Wiedervereinigung gefeiert. Will man nicht ganz so trunken in die Feierlichkeiten eintauchen, empfiehlt sich die Lektüre von Peter Richters famosem Roman »89/90«.

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Skurril und melancholisch

Die fotografischen Männergeschichten von Jens Kuhn

Text und Interview: Alexander Bentheim
Fotos: Jens Kuhn
Reihe »Bilder und ihre Geschichte« (slideshow by click on pic)


Männer in weiten Landschaften, ein halb gedeckter Esstisch auf einem Parkplatz, dann dieses rote Megafon und wer weiß, was da gleich und vielleicht sehr plötzlich passiert? Mit den Bildern von Jens Kuhn kann mancher sicher nicht sofort etwas anfangen. Es gibt eine merkwürdige Stille und scheinbare Unverbundenheit in ihnen, eine melancholisch-skurrile Bildsprache tut ihr Übriges, diesen Eindruck zu unterstreichen. Aber wenn man sich auf sie einlässt, spürt man die inneren Bewegtheiten der Beteiligten und entfalten sie Geschichten, die man irgendwie auch schon einmal selbst erlebt zu haben glaubt. Und sind es deshalb nicht nur wert, gezeigt und gesehen zu werden, sondern nachzufragen, wer und was sich hinter ihnen verbirgt.

Jens, wie findest du deine Themen?
Eine sehr gute Frage, darüber habe ich mir ehrlich gesagt nie richtig Gedanken gemacht. Ich geh ziemlich unbedarft an solche Motive heran und habe das seltene Glück, mit Menschen zu arbeiten, die ebenso ticken wie ich. Ich muss mich vor ihnen nicht erklären. Es sind ganz grobe Visionen, die ich im Kopf habe… dann landen mal eben ein alter Esstisch, Stühle und ein Megafon im Kofferraum. Man fährt dann einfach mit offenen Augen los und – Peng – dann ist dort eine alte Hütte, welche verlassen mitten auf einem Feld steht. Situationsfotografie, oder? 😉
Der ganz Krempel fliegt aus dem Auto und man taucht in eine andere Welt ein. Es wird viel gelacht, man groovt sich irgendwie in eine Rolle, und je länger so eine Session andauert, umso bizarrer wird das Ganze. Man »lebt« irgendwann in dieser Szenerie. Ich mag eher das Surreale, Melancholische und Skurrile, wie du bereits sehr treffend erkannt hast. Mir ist wichtig, den Betrachter fragend mit dem Motiv zurückzulassen, sich seiner Fantasie hinzugeben. Sicherlich mögen viele meiner Bilder für den Konsumenten erst einmal verwirrend erscheinen und man fragt sich vielleicht auch, was zur Hölle mich geritten hat. Ich finde es wichtig, sich als Betrachter mit einem Motiv zu beschäftigen, in dieses einzutauchen. Mir wurde schon sehr oft gesagt, dass meine Bilder Geschichten erzählen, von Trauer, von Depressionen, von Sarkasmus, Neugier, was da wohl jetzt passieren könnte usw. Es sind sozusagen erstarrte Situationen und es obliegt einzig der Fantasie des Betrachters, wie diese weitergehen. Ich finde das total spannend. Jeder empfindet vermutlich etwas anderes beim Betrachten. Deswegen möchte ich niemanden meine Bilder erklären, dass soll man mal schön mit sich selbst ausmachen. So entstehen quasi Seelenfotos. Im wahren Leben bin ich Busfahrer, verrückt … oder? Ich rede nicht viel und habe eine sehr gute Beobachtungsgabe. Das Leben ist völlig skurril, vielleicht ist das eine unbewusste Inspirationsquelle. Ich schreibe auch gern humorvolle Kurzgeschichten, imaginäre Träume und skurrile Tageshoroskope. Ich brauche diese Ventile im Leben. Vielleicht ist mein Output aber auch nur das Ergebnis totaler Depressionen. Ich weiß es nicht.

Wer oder was inspiriert dich in der Fotografie?
Anton Corbijn. Ich bin ein Kind der 80er und habe die alten Depeche Mode Videos geliebt. Seine Musikvideos zu »Behind the Wheel«, »Never let me down again«, »Enjoy the Silence« zum Beispiel sind Meilensteine. Schau dir sein Video zu »In your Room« an, jede Einstellung ein perfekt komponiertes Bild. Das imponiert mir. Ansonsten lasse ich mich von Musik inspirieren. Ich liebe (u.a.) Dead can Dance, GusGus und VNV Nation. Fotografieren und/oder eine Bildbearbeitung ohne Musik ist für mich quasi unmöglich. Höre ich diese Art von Musik, dann formen sich im Kopf Bilder.

Möchtest du etwas erreichen mit deinen Bildern? Was?
Ich möchte, dass man sich Gedanken macht. Wir bekommen im Leben schon alles vorgekaut. Ich finde so kleine »Fantasie-Inseln« deshalb sehr spannend und auch sehr wichtig.

Lebst du von deiner Fotografie?
Nein. Fluch und Segen zugleich. Natürlich ist es schön, wenn jemand deine Arbeit zu schätzen weiß. Auf der anderen Seite möchte ich mich aber auch nicht verkaufen. Ich möchte »Ich« bleiben und nicht auf Kommando kreativ sein, da würde viel verloren gehen. Ich sehe das bei vielen Musikern, aber auch Fotografen. Schau dir z.B. Hochzeitsfotos von professionellen Fotografen an. Kreativität, Charme und Witz ersticken oft in Zeitnot, Routine und den Zwang, das Leben zu finanzieren. Ich mache prinzipiell nur das, was mir Spaß macht und möchte mir da nicht gern reinreden lassen. Klingt vielleicht überheblich, ist es aber nicht. Ich möchte einfach nur meinen Anspruch Genüge tragen, denn ich selbst bin mein größter Kritiker.

Welches Bilderprojekt würdest du gern einmal realisieren?
In farbenfroh glänzenden Nylon-Freizeitanzügen aus den 90ern und vor den passenden Gebäuden abstrakte Situationen nachspielen. Irgendwie sollte noch ein Mann mit Anzug dabei sein, alkoholische Erfrischungsgetränke, Kinderwagen, ein Hund und wichtige Gegenstände. Hab da ganz grobe Visionen im Kopf, die mich gerade zum Schmunzeln bringen. Fotografien mit älteren Menschen würden mich auch sehr reizen.

Jens Kuhn, Jg. 1970, lebt und arbeitet in Weimar. Er fotografiert seit 15 Jahren. Zu finden sind er und seine Bilder unter seinem Facebook-Account.

Bekenntnisse eines begabten Schulversagers

Jón Gnarr’s heiteres Romansachbuch »Indianer und Pirat«

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Text: Frank Keil
Foto: 3ster, photocase.de

Männerbuch der Woche, 28ste KW. – Jón Gnarr ist das Gesicht der Weltwirtschaftskrise in Island. Denn nachdem der kleine, mysteriöse und so beliebte Inselstaat im Nachklapp des Bankencrashs mit Karacho pleite ging, wurde ein spaßig-punkiger Komiker Bürgermeister der Hauptstadt Reykjavik. Und der erzählt nun von einer seltsamen und auch sehr isländischen Kindheit.

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Eine etwas andere Geburtstagsfahrt

Philip Meinhold‘s »Erben der Erinnerung«

Ein Bild von des KZ Auschwitz

Text: Frank Keil
Foto: Denise-Sophie, photocase.de

Männerbuch der Woche, 25ste KW. – Ein besonderer Wunsch zum 70. Geburtstag, vielleicht was sie in ihrem Leben noch erleben möchte? Ja, sagt die Mutter, mit ihrem Sohn, den Kindern und Enkelkindern nach Auschwitz fahren und dort gemeinsam die Gedenkstätte be­suchen … Ein berührendes, ein nachge­hendes Buch, das von den Vorbereitun­gen und am Ende auch von der Reise selbst erzählt.

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Pechonderweg

Herbert H Herbert unterwegs im Warteschleifensound des Jahres 2014

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Mehr Informationen

Herbert H Herbert

Idee/Konzept: Herbert H Herbert und das »Pechonderweg«-Team Ralf, Wilhelm und Victoria.
Am Set außerdem unterwegs: ein zufälliger Hund.
Location: Gildehaus, Gildehauser Venn (2014).
Percussion: Robin Wellendorf.
Harmonica: Heino Sluet.
Audio-/Video-Takes, Regie, Gitarre: Arnaldo »Schnittekönig« Lopez.

Mehr Herbert H Herbert: www.herbert-h-herbert.com.

»Ikumen« und Neue Väter

Zur Werbung und Realität in Japan und Deutschland

Eine Menschengruppe

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: kulturgestaltung, photocase.de

Japanische Väter werden mit speziellen Produk­ten umworben, doch nur wenige Männer gehen in Elternzeit. In Deutschland ist es umgekehrt: Ein Drittel der Väter nutzt inzwischen die »Papamona­te«, als Konsumenten aber spielen sie keine Rolle. Ein Kulturvergleich.

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Nicht wissen, wohin mit sich und den anderen

Petteri Tikkanen‘s »Blitzkrieg der Liebe«

Ein Foto zweier jungen Menschen

Text: Frank Keil
Foto: Armin Staudt-Berlin, photocase.de

Männerbuch der Woche, 24ste KW. – Eine Graphic Novel vom Wech­sel der Kindheit hinüber in die Jugend mit ihren Chancen und Risiken. Man trinkt den ersten Schnaps, man streitet sich, man ver­söhnt sich, man badet nackt im See, man gründet eine Mu­sikband und fiebert dem ersten Auftritt entgegen – und vielleicht kommt man so auf dem Weg ins Erwachsenendasein ein Stückchen weiter, auch wenn die Erwachsenen wie eine Sammlung trü­ber Tassen wirken …

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