Die Kraft der Melancholie

Grenzregionen sind spannende Areale. Weil sich dort Kulturen ergiebigst mischen – wie im Basel-Dreieck, wo die Schweiz, Frankreich und Deutschland aufeinander treffen.

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Text: Frank Keil
Foto: schiffner, photocase.de

Männerbuch der Woche, 39ste KW. – Hansjörg Schneider lässt seinen längst pensionierten Kommissar Hunkeler nicht zur Ruhe kommen. Und ihn in »Hunkelers Geheimnis« den Mord an einem Schwytzer Banker aufklären. Eingebettet in wunderbarste Landschafts- und Essensbeschreibungen.

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»Ich bin ein sehr glücklicher Mensch«

Interview mit Tom Stoddart, Fotoreporter, über seine Jahre im belagerten Sarajevo und andere Momente seines Lebens.

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Interview: Frank Keil
Foto: irispopiris, photocase.de

»Im eingekesselten Sarajevo gab es damals 10.600 Tote, 56.000 wurden verwundet. Es wurden 1.600 Kinder getötet und 15.000 verwundet. 40 Prozent der Kinder haben gesehen, wie auf jemanden geschossen wurde und von denen hat wiederum die Hälfte jemanden sterben sehen – es war eine schreckliche Zeit. Es gab vieles, wo ich als Fotograf sage: Ich wünschte, ich hätte das nicht gesehen. Aber ich bin immer noch der Meinung, dass es unser Job ist, den Menschen zu zeigen, was wo passiert«.

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Der Flüchtlingsreport

Peter Gerhardts Suche nach der Wirklichkeit hinter den einfachen Wahrheiten – am 14. September in der ARD

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle HR)
Foto: minimaldigital, photocase.de

Mehr als 50 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. So viele wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet mit bis zu 800.000 Flüchtlingen, die 2015 allein nach Deutschland kommen, mehr als je zuvor. Ist das deutsche »Boot voll«, wie nicht nur rechtsradikale Scharfmacher behaupten? Können wir nicht mehr Menschen aufnehmen? Oder wollen wir es nur nicht? Müssen wir die Grenzen dicht machen, um einen Kollaps zu vermeiden, oder schotten wir uns herzlos ab, um nicht teilen zu müssen mit Menschen in Not? Wie werden die Flüchtlinge hier aufgenommen? Angriffe auf Asylbewerber einerseits, ehrenamtliche Flüchtlingshelfer andererseits – wie fremdenfeindlich oder -freundlich ist Deutschland? Und sind die Flüchtlinge eine finanzielle Belastung oder auch eine »günstige Chance« für die deutsche Wirtschaft, wie wahlweise frohlockt oder problematisiert wird?
Peter Gerhardts Flüchtlingsreport geht den grellen Schlagzeilen auf den Grund, rechnet nach und macht sich auf die Suche nach der Wirklichkeit hinter den einfachen Wahrheiten. Dafür reiste der Autor u.a. in die sächsischen Gemeinden Freital und Meißen, die zum Symbol geworden sind für den neuen alten Fremdenhass in Deutschland. Er zeigt aber auch, wie engagiert an vielen Stellen in Deutschland Menschen versuchen zu helfen und wie sehr die Kommunen auf die freiwilligen Helfer_innen angewiesen sind. In Viernheim zum Beispiel. Dort hat der katholische Pfarrer Angelo Stipinovic eine Initiative ins Leben gerufen, um 130 Flüchtlingen aus Eritrea zu helfen, sich in Viernheim einzuleben. »Wir können doch nicht immer warten, bis der Staat hilft«, sagt er. Und war überrascht, wie überwältigend die Unterstützung in der südhessischen Kleinstadt war.
Tatsächlich ist das deutsche Boot noch nicht voll – es ist nur mangelhaft verwaltet. Und der Film rückt die Proportionen zurecht: Deutschland nimmt zwar mehr Flüchtlinge auf als die meisten anderen Länder in Europa, aber umgerechnet auf die Einwohnerzahl nur einen Bruchteil verglichen etwa mit dem Libanon. Und wie sieht die Situation dort aus, in Ländern, die deutlich ärmer sind als Deutschland? Der Film begibt sich auch auf die Spur der Flüchtlinge im Libanon, in Griechenland, in der Türkei und er zeigt, wie die Kriminalisierung von Flüchtlingen Schlepperbanden in die Hände spielt.

Sendung: Montag, 14.9.15, 22:45h, ARD, Reihe »Die Story im Ersten« (45 Min.).

Aus aktuellem Anlass: Bericht aus Budapest von Frank Keil, Teil 1 (7.9.15), Teil 2 (8.9.15), Teil 3 (9.9.15), Teil 4 (11.9.15), Teil 5 (14.9.15)

Nach dem Überfall

Eine nächtliche Tat, ein Haus, ein Ehepaar. Die Küste Englands, eine Nacht, ein Tag. Das sind die Zutaten für den neuen, großartigen Roman »Tage der Nacht« von Yorck Kronenberg.

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Text: Frank Keil
Foto: Schiffner, photocase.de

Männerbuch der Woche, 35ste KW. – Yorck Kronenberg erzählt von einer Reise in die Vergangenheit. Sein Held: Anton, ein alter Mann. Der sich den Dämonen seiner Geschichten stellen wird – so sehr sie sich im Dickicht der Vergangenheit zu verstecken suchen. Und in dem der Gegenwart.

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Fußballfans und ihre Leidenschaften

Bundesweite Studie zu Fußballfans im Stadion – Universität Bielefeld startet zweite Onlinebefragung

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach IDW)
Foto: complize, photocase.de

Wie leben Fußballfans ihre Leidenschaft für ihren Verein aus? Das wollen Wissenschaftler des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld herausfinden. In dem deutschlandweiten Projekt „Bielefelder Fußballfan-Studie“ (BiFans) erforschen sie Fankulturen und die Identifikation von Fans mit Fußballvereinen der ersten bis dritten Liga. Für die Studie unter Leitung von Professor Dr. Andreas Zick werden Fußballfans gesucht, die Spiele in den Stadien dieser Ligen besuchen. Die Studie wird von der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) gefördert, ist jedoch wissenschaftlich unabhängig. Die zweite Onlinebefragung ist ab sofort freigeschaltet unter www.unipark.de/uc/bifans.

Zu Beginn der vergangenen Saison haben die Wissenschaftler in einer ersten Onlinebefragung die Identifikation von Fußballfans untersucht. Daran haben sich 7.708 Fans von Vereinen der ersten drei Fußballligen in Deutschland beteiligt. Rund 15 Prozent der Befragten sind Frauen und etwas mehr als die Hälfte der Befragten ist unter 30 Jahre alt. Zwei Drittel der Studienteilnehmer geben an, bei Spielen ihrer Mannschaft von einem Stehplatz aus mitzufiebern. Rund 84 Prozent der Fans gehen zu Spielen ihrer Mannschaft ins Stadion, weil es unterhaltsam ist. Etwas weniger als 6 Prozent geben an, zu Spielen ihrer Mannschaft zu gehen, weil sie Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans mögen.

An der zweiten Erhebung zum Saisonbeginn 2015/16 können sowohl Fans mitmachen, die bisher noch nicht teilgenommen haben, als auch Fans, die die Fragen der ersten Onlinebefragung vor einem Jahr bereits beantwortet haben. Durch eine wiederholte Teilnahme erfassen die Wissenschaftler, ob sich die Ergebnisse im Vergleich zum ersten Zeitpunkt verändert haben oder ob sie stabil geblieben sind.

Eingeladen zur Studie sind alle Fans, die vereinzelt oder regelmäßig Spiele der ersten drei Ligen im Stadion verfolgen. Es geht darum, die Sichtweisen vieler verschiedener Fans einzuholen, um die
Vielfalt der Realität im Stadion möglichst präzise abbilden zu können. Verantwortlich für die Studie ist die Fachstelle »Fußball und Konflikt« des IKG. Die bundesweit einmalige Fachstelle berät unter anderem Fanprojekte und Fußballvereine, um Konflikte rund um den Fußball im Stadion und auf dem Bolzplatz zu verhindern und zu bewältigen.

Weitere Infos zur Fachstelle für Fußball und Konflikt, zu den Zwischenergebnissen der ersten »Bielefelder Fußballfan-Studie« (BiFans) und zu den BiFans auf Facebook.

»Beschneidung als Disziplinierungsmaßnahme«

Video-Dokumentation eines Symposiums zur genitalen Autonomie von Jungen, Mai 2014 in Köln

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Fiebke, photocase.de

Seit Inkrafttreten des §1631d BGB im Dezember 2012, welcher die Beschneidung von Jungen in Deutschland gesetzlich erlaubt, wird die Debatte – die im Vorfeld der gesetzlichen Regelung, schon aus Zeitgründen, viel zu kurz kam – zumindest in Fachkreisen immer wieder geführt. Dem Verein »MOGiS e.V. – Eine Stimme für Betroffene« und »pro familia NRW« ist es zu verdanken, dass im Mai 2014 nicht nur eine namhaft besetzte Veranstaltung in der Universität Köln stattfand, sondern sämtliche Beiträge als auch Videomitschnitte vorliegen – was schon deshalb wichtig ist, weil mit diesen nicht nur deren Inhalte, sondern auch Stimmungen transportiert werden.

Ein ausführlicher Kongressbericht von Gislinde Nauy und Walter Otte vom »Humanistischen Pressedienst« (hpd) gibt einen prägnanten Überblick des wissenschaftlichen Symposiums »Genitale Autonomie: Körperliche Unversehrtheit, Religionsfreiheit und sexuelle Selbstbestimmung – von der Theorie zur Praxis«, aber es lohnt auch, die Beiträge im O-Ton mitzuverfolgen, etwa von Prof. Dr. Jörg Fegert (»Eltern als beste Garanten der Kindesinteressen?«), Prof. Dr. Maximilian Stehr (»Zur medizinischen Tragweite einer Zirkumzision«), Prof. Dr. Matthias Franz (»Psychotraumatologische und psychoanalytische Aspekte der Jungenbeschneidung«), Dr. Jörg Scheinfeld (»Beschneidungserlaubnis und Verfassungsrecht«), Hans-Joachim Lenz (»Männliche Beschneidung als sexualisierte Gewalt«) und Dr. Jérôme Segal (»Die Beschneidung aus jüdisch-humanistischer Perspektive«). Alle weiteren Beiträge sind einzusehen über das Videoverzeichnis des »Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V.«.

Gislinde Nauy und Walter Otte resümieren in ihrem Bericht, dass das Symposium nachdrücklich aufzeigte, »wie sehr sich Menschen unterschiedlichen kulturellen Hintergrundes darüber einig sind, dass der §1631d BGB nicht in ein modernes Rechtssystem mit einem ausgeprägten gesellschaftlichen Bewusstsein für Kinderrechte passt« und »Religionsfreiheit heute kein Freibrief mehr für Gewalt gegenüber Jungen sein [kann], die als Minderjährige ohne Einwilligungsfähigkeit beschnitten werden. Belastende körperliche, sexuelle und seelische Langzeitfolgen einer Beschneidung im Kindesalter sind belegt.«

Walter und Fiete

Der fulminante Roman »Im Frühling sterben« von Ralf Rothmann führt zurück in die letzten Kriegsmonate des Zweiten Weltkrieges.

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Text: Frank Keil
Foto: kallejipp, photocase.de

Männerbuch der Woche, 31ste KW. – Ralf Rothmann hat sich für seinen neuen Roman viel Zeit gelassen. Und er hat mal wieder sein ganzes Können in die Waagschale geworfen. Dass er beides getan hat, beschert uns nun einen so tiefgründigen wie existentiellen Stoff, der noch lange nachhallen wird.

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Long Thanh will lachen

ARD-Reportage am 29. August über einen von »Agent Orange« betroffenen vietnamesischen Jungen

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle NDR)
Foto: Lukow, photocase.de

Sich zu bewegen fällt ihm schwer, das Atmen auch. Die Muskeln schmerzen und die Knochen. Long Thanh ist kein Greis, sondern 13 Jahre alt. Er ist Opfer eines Krieges, der eigentlich längst zu Ende ist. Sein unsichtbarer Feind: das chemische Entlaubungsmittel »Agent Orange«, das die Amerikaner im Vietnamkrieg massenhaft über dem Dschungel Vietnams versprüht haben. Die Blätter fielen von den Bäumen und das Dioxin blieb, im Boden und Trinkwasser – mit schrecklichen Folgen bis heute.
Dieser Krieg ist 40 Jahre her. Drei Millionen Vietnamesen sind an den Folgen von Agent Orange erkrankt, 150.000 Kinder wurden seit Kriegsende mit schwersten Behinderungen geboren. Jahrelang hat Vietnam um Hilfe gebeten. Die USA haben stets vertröstet, geleugnet, gezweifelt, abgestritten. Bis heute will die amerikanische Regierung keinen direkten Zusammenhang zwischen »Agent Orange« und den behinderten Kindern sehen.

Long Thanh und sein ebenfalls kranker Bruder brauchen Pflege rund um die Uhr. Sie können sich nicht alleine anziehen, nicht selber essen. Sie können auch nicht in die Schule gehen. Beide Kinder sind seit ihrer Geburt schwer behindert. Ihr Vater Tran Nhat Lin war mit dem dioxinhaltigen Agent Orange in Berührung gekommen.
Das Leben der Familie ist nicht einfach, aber auf bewundernswerte Weise bewahren sie ihre Zuversicht. Und trotz seines schweren Schicksals ist Long Thanh neugierig, hat Freunde, will mehr vom Leben, als es ihm momentan bietet.

Aber wie soll das gelingen? Long Thanhs Familie ist arm. Durch die intensive Betreuung der Kinder und den geschwächten Vater kann die Mutter nicht genug Geld verdienen. Oft sind sie sogar auf Reisspenden aus ihrem Dorf angewiesen. Bildung ist Long Thanh bislang verwehrt – obwohl er wissbegierig ist. Als ARD-Reporter Philipp Abresch im Frühjahr 2015 die Familie von Long Thanh auf einer Reise durchs Land porträtiert hat, fanden sich spontan viele Zuschauer, die der Familie helfen wollten. Jetzt reist Philipp Abresch noch einmal in die entlegene ländliche Gegend, in der Long Thanh lebt – und bringt Hoffnung mit.

Sendung: Samstag, 29.8.15, 16:30h, ARD, Reihe »Reportage im Ersten« (30 Min.). Der NDR berichtet ausführlich in einer Multimedia-Doku zu den Hintergründen.

Radikalisierung & Militanz als Ausdruck von Männlichkeiten?

Der hessische Fachtag Jungenarbeit fragt am 9. und 10. November 2015 im Haus der Jugend in Frankfurt/M. nach Antworten

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Text: Christian Sieling | Marc Melcher
Foto: inkje, photocase.de

 
Nicht erst durch die Berichte über jene, die sich dem IS in Syrien oder dem Irak anschließen wollen, ist der Blick auf die Radikalisierung männlicher Jugendlicher gelenkt. Radikalisierungsdynamiken unter muslimischen Jungen sind unter pädagogischen Fachkräften schon lange Thema. Und auch in der extremen Rechten spielen Männlichkeitskonstruktionen bei der Ansprache und Radikalisierung junger Männer eine wichtige Rolle, die die Fachdebatte prägen.
Was sind die Ursachen für die damit verbundene Faszination für junge Männer und wie kann man dem pädagogisch begegnen? Wir, die Fachgruppe Jungenarbeit als Veranstalter, erwarten uns vom Fachtag für unsere Arbeit mit Jungen neue Einblicke zum Thema durch Impulse der Referenten (Ahmad Mansour, Olaf Jantz, Helge von Horn), Ideen für die Praxis aus der gemeinsamen Arbeit in den Workshops, Vernetzung und Austausch untereinander. Alle weiteren Infos finden sich im Tagungsflyer.

Was tun bei Bedrohung oder nach sexualisierter Gewalt?

Online-Chat für männliche Jugendliche am Dienstag, 11. August, 20-22 Uhr

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Text: Alexander Bentheim
Foto: suze, photocase.de

Im Portal jugend.bke-beratung.de findet am Dienstag, 11. August, von 20-22 Uhr, ein Chat zum Thema »NEUE WEGE GEHEN – wie weiter nach sexuellem Missbrauch?« ausschließlich für Jungen und junge Männer statt. Eine erfahrene Beraterin gibt als Moderatorin und Fachkraft Antworten auch auf Fragen, die man sich sonst nicht zu stellen traut. Dabei hilft den meisten Ratsuchenden eine häufig gemachte Erfahrung: Die Teilnahme am Chat und Austausch ist für Bedrohte und Betroffene entlastend und stärkend zugleich.

Seit mehr als 10 Jahren bietet die Onlineberatung der bke (Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V.) Hilfe im Netz für Mädchen, Jungen und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 21 Jahren. Mehr als 80 Beraterinnen und Berater aus Erziehungs- und Familienberatungsstellen der gesamten Bundesrepublik stehen online den jungen Ratsuchenden zur Seite. In Mailberatungen, Einzelchats, Foren, Gruppen- und Themenchats hilft die bke-Onlineberatung professionell, anonym und kostenfrei.

Das anhängende Plakat kann kostenlos als Printmaterial bestellt werden. Kontakt: Christine Sutara, Organisatorische Koordination der bke, Herrnstrasse 53, 
90763 Fürth, Tel. (0911) 977 14-18
, Fax (0911) 74 54 97, Mail: 
sutara@bke.de.

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