Der vorgezeichnete Weg?

Fachtag zu Geschlechtskonstruktionen nach sexualisierter Gewalt gegen Jungen am 23. Oktober in Berlin-Kreuzberg

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: momosu, photocase.de

20 Jahre »Tauwetter. Anlaufstelle für Männer*, die in Kindheit oder Jugend sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren« – Anlass für die Anlaufstelle, einen Fachtag zum Thema »Geschlechtskonstruktionen nach sexualisierter Gewalt« zu gestalten und sich in zwei Vorträgen (Jörg Schuh & Thomas Schlingmann, Dirk Bange) sowie einer »Workshoprallye» mit 12 Stationen diesen Fragen zu widmen: Wie können Jungen sexualisierte Gewalt bewältigen und bearbeiten? Müssen sie ihre Erlebnisse ewig mitschleppen und zu »Mackern«, Tätern oder »Loosern« werden? Welche Auswege gibt es?
Der Fachtag wird bereichert von erfahrenen Expert_innen im Thema: Sabine Fries (Gehörlosenverband Berlin, HU), Thomas Viola Rieske (Dissens Institut für Bildung und Forschung), Martina Hävernick (Selbsthilfe und Beratung Wildwasser Berlin), Peter Mosser (kibs München), Franz-Gerd Ottemeier-Glücks (Mannigfaltig Minden), Maren Kolshorn (Frauennotruf Göttingen), Volker Mörchen (Bremer jungenbüro), Lukas Weber (Hilfe-für-Jungs, Berlin), Ursula Enders (Zartbitter Köln), Torsten Kettritz (Ampel Dessau), Mari Günther (Queer leben Berlin), Barbara Kavemann (Sozialwissenschaftliches FrauenForschungsInstitut Freiburg, Kath. Hochschule Berlin).

Alle Koordinaten zum Fachtag: Freitag, 23. Oktober, 9-17 Uhr, Alte Feuerwache Kreuzberg, Axel-Springer-Str. 41/42, 10967 Berlin. Kosten 25 Euro inkl. Verpflegung. Weitere Informationen und > Anmeldung.

Süße Prinzessinnen und starke Helden

TU-Berlin-Projekt analysiert Sprüche auf Kinder-Shirts – Viele Motive tragen zu geschlechterstereotypen Rollenbildern bei

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle IDW)
Foto: crashed life, photocase.de

»In Mathe bin ich Deko« – ist das witzig? Wenn es nach einem Hersteller und einem Versandhaus geht, die ein Mädchen-T-Shirt mit diesem Aufdruck anboten, offenbar. Doch in den sozialen Netzwerken gab es richtig Ärger dafür. Und auch Soziolog_innen beklagen derartige Rollenzuschreibungen schon lange, denn sie haben nachweisen können, dass negative Leistungserwartungen, die jemandem entgegengebracht werden (z.B. zu blöd für Mathe zu sein), zu tatsächlich schlechteren Leistungen führen können. Jedoch haben die Erkenntnisse der Soziologie über Rollenzuschreibungen keineswegs zu einer Revolutionierung der Motive auf der Kinderkleidung geführt. Das geht aus der Untersuchung von Studierenden am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin (ZIFG) hervor. Sie haben 501 Kindersprüche auf T-Shirts für Jungen und für Mädchen analysiert. Und das Ergebnis war in diesem Ausmaß für sie selbst überraschend: Geschlechterstereotype Rollenbilder fanden sich bei allen elf untersuchten Marken in allen Preissegmenten.

»Little«, »sweet«, »happy«, »cute«, »lovely« waren die häufigsten Adjektive, »Love«, »Girl«, »Star«, »Princess« die Substantive auf Mädchen-T-Shirts – bei den Jungs-Shirts waren es die Adjektive »crazy«, »cool«, »wild«, »strong« und die Substantive »Life«, »Team«, »King«, »Rebel«. Als Leitmotive für die Mädchen-Shirts fanden sich die Themen Märchen und Träume, Unschuld und Naivität, Schönheit und Selbstbewusstsein – bei den Jungs-Shirts waren Sport, Wettkampf, Teamgeist die Leitmotive, ebenso wie Abenteuer, Natur, Reisen sowie Superhelden und Superkräfte oder Rebellion und Grenzüberschreitungen.

Stereotype Geschlechterbilder – auch diese Erkenntnis konnten die Studierenden mit ihrer Studie untermauern – gelangen auf vielfältigsten Wegen mittels Gesten oder alltäglichen Entscheidungen in die Köpfe von Kindern und beeinflussen so auch die Art, wie sie sich selbst empfinden. Kann es aber sein, dass Männer gar nicht »süß« sein möchten und Mädchen keine »Superheldin«? Die Genderforschung sieht das anders. »Die geschlechtsbedingten Vorurteile sind den meisten in unserer Gesellschaft gar nicht bewusst«, erklärt Dr. Petra Lucht, Soziologin und Gastprofessorin am ZIFG. »Männer dürfen nicht ,süß‘ sein, solange es die geschlechtsbezogenen Rollenbilder nicht vorsehen. Geschlechterstereotype – das sieht man sehr eindrücklich an den T-Shirt-Sprüchen – werden uns übergestreift wie eine zweite Haut. Hier sollten wir auch an die Mitverantwortung der Unternehmen appellieren.«

Das Versandhaus, dass das T-Shirt mit dem diskriminierenden Mathe-Spruch anbot, hat es inzwischen aus dem Sortiment entfernt.

Münsteraner Männertag

Am 7. November gibt es vom Männerforum Münster e.V. die bereits 21. Ausgabe

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: David-W-, photocase.de

Mit dem Motto und Rahmen »… das ist doch männschlich!« veranstaltet das Männerforum Münster e.V. am 7. November seinen alljährlichen Männertag, nunmehr bereits in der 21. Ausgabe. Eingeladen sind alle »Männer ab 14«.
Beim Männertag gibt es Gelegenheit, sich in Workshops und Gesprächen mit Fragen wie diesen auseinanderzusetzen: »Was ist typisch männlich?«, »Wie beeinflussen vorherrschende Männerbilder mein Leben?«, »Wie finde ich meine männliche Identität?«, »Wie kann ich als Mann ein menschlich erfülltes Leben führen?«
Der Männertag lebt von den Angeboten der Teilnehmer, jeder kann einen Workshop anbieten, entweder vorangemeldet per Mail oder spontan am Tag selbst. Infos zu den bereits angemeldeten Workshops gibt es auf dem Portal des Männerforum Münster.
Die Vorbereitungsgruppe trifft sich am Dienstag, 13.10., 19h, im Gesundheitshaus Münster, Raum 402 – Interessenten, die die Organisation unterstützen möchten, sind willkommen.

Koordinaten zum Männertag: Samstag, 7. November 2015, 12.30 bis ca. 21.00h, Gesundheitshaus, Gasselstiege 13. Kosten: 18 Euro (5 Euro Jugendliche und Mitglieder) inkl. Kaffee, Kuchen & Imbiss. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Infos: www.maennerforum-muenster.de.
Zum Flyer (PDF)

»Keine Mütter zweiter Klasse«

Ein Gespräch mit der Journalistin Barbara Streidl über ihre aktuelle »Streitschrift«.

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Interview: Thomas Gesterkamp
Foto: edwinsmom, photocase.de

Über Väter haben bisher vor allem Männer geschrieben, selten Frauen aus dezidiert weiblicher oder gar feministischer Perspektive. Jetzt appelliert die Münchner Journalistin Barbara Streidl an die Väter, »aus dem Schatten der übermächtigen deutschen Mutter« hervorzutreten. »Lasst Väter Vater sein« fordert sie.

Zum Interview. Ergänzend gibt es dort eine Übersicht zu kommenden Veranstaltungen mit Thomas Gesterkamp.

»Starke Infos für Jungen«

Urologen starten Webseite »Jungensprechstunde.de«

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion, nach Quelle DGU/BDU-Pressestelle)
Foto: cydonna, photocase.de

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und der Berufsverband der Deutschen Urologen e.V. (BDU) bieten ihre »Starken Infos für Jungen« nicht nur in gedruckter Form, sondern ab sofort auch online auf der Website www.jungensprechstunde.de. Dort finden männliche Heranwachsende zielgruppen- und netzgerecht Informationen zur körperlichen und emotionalen Entwicklung in der Pubertät, zur Sexualität, über gesundheitsbewusstes Verhalten, typische urologische Erkrankungen oder altersgerechte Impfungen. Die Homepage ist Teil einer breit angelegten Initiative der medizinischen Fachgesellschaft und des Berufsverbands der Urologen zur Förderung der Jungen- respektive künftigen Männergesundheit.

Gemäß der Devise, dass Männergesundheit beim Jungen beginnt, haben DGU und BDU männliche Jugendliche seit 2012 in ihren Fokus gerückt. »Die Initiative fußt auf drei Ebenen: der Aufklärung der Jungen durch Broschüre und Website, der Etablierung einer Jungensprechstunde beim Urologen sowie einer Kooperation mit der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e.V. (ÄGGF) zur gesundheitlichen Bildung von Jungen in Schulen«, so DGU-Pressesprecherin Prof. Dr. Sabine Kliesch. Dafür übernahm die DGU 2013 eine Schirmherrschaft der ÄGGF und finanziert in großem Umfang Unterrichtsmaterialien. Auch in der gegenseitigen Weiterbildung interagieren die DGU und die Ärztinnen der ÄGGF.

»Mehr als 300 000 Jungen kommen jedes Jahr in die Pubertät. Anders als Mädchen suchen sie seltener Rat bei Eltern und Lehrern. Geschlechtsspezifische Aufklärungsangebote für Jungen sind rar und ein vertrauter medizinischer Ansprechpartner fehlt ihnen ebenfalls. Hier wollen wir gegensteuern, altersgerecht aufklären, das Gesundheitsbewusstsein der Jungen wecken und ihnen vermitteln, dass sie die Jungensprechstunde des Urologen besuchen können und dort Rat finden, genau so selbstverständlich wie Mädchen in die Mädchensprechstunde gehen«, sagt Dr. Wolfgang Bühmann, Pressesprecher des BDU. »Eine Generation von Jungen, die diese Erfahrung macht, kann das alte Rollenbild des männlichen Gesundheitsmuffels überwinden und wird auch in späteren Männerjahren medizinische Versorgungsangebote besser nutzen«, so die Prognose des Urologen.

Aufklärung und Prävention stehen im Mittelpunkt der neuen Website. Ob Penislänge, feuchte Träume, Pickel, Schwitzen, Selbstbefriedigung, sexuell übertragbare Infektionen, Anabolikamissbrauch, Hodentorsion oder Gynäkomastie – Tabus gibt es nicht, wohl aber medizinisch verlässliche Infos. Die Homepage benennt Urologen und Urologinnen als kompetente Ansprechpartner_innen und deren Jungensprechstunde als Anlaufstelle. Über eine integrierte »Urologensuche« finden die Jungen einen Urologen oder eine Urologin in der Nähe; für die Qualifikation der Fachärzte, die eine Jungensprechstunde anbieten, sorgt ein bundesweites Fortbildungskonzept.

Willkommen in der Gegenwart

Jenny Hoch’s DLF-Feature am 21. August über die Rettung des Theaters durch Frauen und Migranten

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Inuit, photocase.de

Das deutsche Staats- und Stadttheater hat es sich zu lange in der Mehrheitsgesellschaft bequem gemacht. Es wird von Großregisseuren dominiert, meistens Männer über 50, die wie mittelständische Unternehmer agieren und von Subventionen leben. Die Folge: große Theatermüdigkeit, beginnende Musealisierung. Abhilfe soll nun die Öffnung schaffen: Öffnung nach unten, zu theaterfernen Milieus; nach außen, zu ausländischen Theatermachern und Ästhetiken; nach innen, zu einer weiteren, am deutschsprachigen Theater bisher ebenfalls unterrepräsentierten Personengruppe, den Frauen. Es ist chic geworden, seinen Spielplan mit einem Stadt-, Flüchtlings-, Migrationsprojekt aufzupolieren – aber kann das funktionieren?
Wir machen den Praxistest, besuchen unter anderem ein zukünftiges Flüchtlingshaus in München, das den Kammerspielen Realität beibringen soll, kochen persisch am Theater des Jahres in Berlin, messen den Rassismus-Level eines typischen Theatergängers und erfahren, warum Karin Beier, Intendantin des Hamburger Schauspielhauses, politisch korrekte Samthandschuhe im Umgang mit heiklen Themen ablehnt.

Sendung: Freitag, 21.8.15, 20:10h, Deutschlandfunk, Reihe »Das Feature« (50 Min.)

Sinnlose Schule

Neue Studie zu schlechten Noten, traditionellen Geschlechterrollen und Schulentfremdung

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle IDW)
Foto: tobi.tobsen, photocase.de

Laut eines im Februar veröffentlichen OECD-Berichts sind schlechte Schulnoten bei 15-jährigen Jungen wahrscheinlicher als bei Mädchen im gleichen Alter. Dies ist ein weiterer Beleg für einen weltweiten Trend, dass manche Jungen in der Schule ins Hintertreffen geraten. Forscher_innen der Universität Luxemburg haben zwei mögliche Hauptursachen und eine eventuelle Lösung in einer neuen Studie festgestellt, die (englischsprachig) im Journal »Masculinities and Social Change« veröffentlicht wurde. In dieser Studie wurden die Aussagen von Jungen und Mädchen direkt gesammelt, statt nach der Meinung von Lehrer_innen oder Müttern und Vätern zu fragen, wie dies – leider – normalerweise der Fall ist.

»Wir beobachteten eine starke Tendenz, dass sich Jungs mit schlechten Schulnoten von der Schule entfremden. Sie ist zu entfernt und wird als sinnlos angesehen«, so Andreas Hadjar, Professor für Erziehungssoziologie und Leiter der Studie. »Zudem gab es einen klaren Zusammenhang zwischen schlechten Leistungen und einer traditionellen Meinung über ihre Geschlechterrolle, nämlich, dass Männer Frauen ‚führen‘ sollen«, so Hadjar weiter. Jungs mit diesen Merkmalen neigten eher dazu, den Unterricht zu stören, und schnitten deshalb schlechter ab: Sie erzielten ein um rund acht Prozent schlechteres Jahresergebnis als der durchschnittliche männliche Schüler im gleichen Jahrgang.

Gleich viele Mädchen wie Jungs berichteten von einer Entfremdung von der Schule, aber diese Einstellung hatte einen negativeren Einfluss auf Jungs. Auch traditionelle Ansichten über Männer- und Frauenrollen schienen Jungs gleichermaßen zu beeinflussen wie Mädchen, aber die Studie zeigte, dass diese Meinung bei Jungs viel weiter verbreitet ist als bei Mädchen. Andere Faktoren wie die Meinungen von Peergroups und der sozio-ökonomische Hintergrund haben ebenfalls negative Auswirkungen auf die Schulnoten, da sie eine Entfremdung von der Schule sowie eine traditionelle Rollenverteilung beeinflussen und demnach auch die schulischen Leistungen.

Fragebögen, Gruppendiskussionen und Videoaufnahmen des Unterrichts wurden verwendet, um das Verhalten von 872 Jungen und Mädchen zu untersuchen, von denen die meisten 13 bis 14 Jahre alt waren und in Bern (Schweiz) zur Schule gingen. Diese Daten wurden mit den Ergebnissen von Tests und Klassenarbeiten verglichen. So konnten die Forscher_innen die Aussagen der Schüler_innen und ihr Unterrichtsverhalten untersuchen und auf dieser Grundlage statistische Analysen machen.

Es gibt aber, so die Forscher_innen, eine mögliche Lösung für das »Jungs-sind-schlechtere-Schüler-Syndrom«. Denn indem sie das Unterrichtsverhalten beobachteten, stellten sie fest, dass Jungs mit schlechten schulischen Leistungen am besten auf autoritative Unterrichtsstile mit einer strukturierten, engagierten, aber auch kontrollierten Einstellung ansprachen – also auf Autoritäten, die aber nicht autoritär agieren. Was aus zahlreichen empirischen Erfahrungen mit Jungen in der Jungenarbeit bekannt sein dürfte.

Die Studie zeigt insgesamt, dass unangemessene Unterrichtsstile Entfremdungsgefühle von der Schule bewirken oder verstärken können. »Lehrer mit einem autoritativen Unterrichtsstil interessieren sich klar für ihre Schüler, lenken sie und sind bei Problemen für sie da«, bemerkte Prof. Hadjar. »Diese Forschungsarbeit zeigt, dass Lehrer flexibel beim Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeiten sein müssen« – was die Diskussion um kleinere Klassen, Entlastung der Lehrkräfte, eine gendergerechte Bildung und die Finanzierungsbereitschaft eben dafür erneut befeuern dürfte.

»Beschneidung als Disziplinierungsmaßnahme«

Video-Dokumentation eines Symposiums zur genitalen Autonomie von Jungen, Mai 2014 in Köln

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Fiebke, photocase.de

Seit Inkrafttreten des §1631d BGB im Dezember 2012, welcher die Beschneidung von Jungen in Deutschland gesetzlich erlaubt, wird die Debatte – die im Vorfeld der gesetzlichen Regelung, schon aus Zeitgründen, viel zu kurz kam – zumindest in Fachkreisen immer wieder geführt. Dem Verein »MOGiS e.V. – Eine Stimme für Betroffene« und »pro familia NRW« ist es zu verdanken, dass im Mai 2014 nicht nur eine namhaft besetzte Veranstaltung in der Universität Köln stattfand, sondern sämtliche Beiträge als auch Videomitschnitte vorliegen – was schon deshalb wichtig ist, weil mit diesen nicht nur deren Inhalte, sondern auch Stimmungen transportiert werden.

Ein ausführlicher Kongressbericht von Gislinde Nauy und Walter Otte vom »Humanistischen Pressedienst« (hpd) gibt einen prägnanten Überblick des wissenschaftlichen Symposiums »Genitale Autonomie: Körperliche Unversehrtheit, Religionsfreiheit und sexuelle Selbstbestimmung – von der Theorie zur Praxis«, aber es lohnt auch, die Beiträge im O-Ton mitzuverfolgen, etwa von Prof. Dr. Jörg Fegert (»Eltern als beste Garanten der Kindesinteressen?«), Prof. Dr. Maximilian Stehr (»Zur medizinischen Tragweite einer Zirkumzision«), Prof. Dr. Matthias Franz (»Psychotraumatologische und psychoanalytische Aspekte der Jungenbeschneidung«), Dr. Jörg Scheinfeld (»Beschneidungserlaubnis und Verfassungsrecht«), Hans-Joachim Lenz (»Männliche Beschneidung als sexualisierte Gewalt«) und Dr. Jérôme Segal (»Die Beschneidung aus jüdisch-humanistischer Perspektive«). Alle weiteren Beiträge sind einzusehen über das Videoverzeichnis des »Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V.«.

Gislinde Nauy und Walter Otte resümieren in ihrem Bericht, dass das Symposium nachdrücklich aufzeigte, »wie sehr sich Menschen unterschiedlichen kulturellen Hintergrundes darüber einig sind, dass der §1631d BGB nicht in ein modernes Rechtssystem mit einem ausgeprägten gesellschaftlichen Bewusstsein für Kinderrechte passt« und »Religionsfreiheit heute kein Freibrief mehr für Gewalt gegenüber Jungen sein [kann], die als Minderjährige ohne Einwilligungsfähigkeit beschnitten werden. Belastende körperliche, sexuelle und seelische Langzeitfolgen einer Beschneidung im Kindesalter sind belegt.«

»Beim Griff zum Glas häufig kein Maß«

Neue nationale Studie der Universität Zürich zeigt, dass Alkoholgesetze bei jungen Männern präventiv wirken – aber das reicht nicht.

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Text: Alexander Bentheim (Redaktion nach Quelle IDW)
Foto: lama-photography, photocase.de

Unter jungen Schweizer Männern ist riskantes Trinken relativ weit verbreitet. Gesetzliche Vorschriften – etwa zum Mindestalter für den Ausschank, zu Einschränkungen für den Verkauf oder für die Bewerbung von Alkoholika – wirken bei jungen Konsumenten jedoch durchaus präventiv, wie Wissenschaftler_innen der Universität Zürich anhand einer Befragung von rund 5.700 jungen Schweizer Männern aktuell zeigen.
Von den Befragten, im Durchschnitt 20 Jahre alt, sind jedoch auch knapp die Hälfte Risikotrinker (nach Definition der Wissenschaftler_innen entspricht dies dem Konsum von monatlich mindestens sechs oder mehr alkoholischen Getränke auf einmal) und beinahe ein Drittel von diesen hat zudem Probleme, die sich in einem wiederholten Trinkverhalten mit schädlichen Folgen oder Gefahren äußern. Die in der Schweiz erhobenen hohen Zahlen stimmen lt. Studie überein mit Ergebnissen aus anderen Ländern.

Untersucht wurde der Einfluss der gesetzlich verankerten Präventionsmaßnahmen auf den Alkoholkonsum der Befragten. Die Auswertung ergab, dass in den Kantonen mit mehr Präventionsmaßnahmen weniger Männer risikoreich oder missbräuchlich Alkohol tranken. Auch dieses Resultat deckt sich mit internationalen Studien, die zeigen, dass die Einführung von Alkoholgesetzen zu einer Abnahme des Alkoholkonsums sowie alkoholbedingter Gesundheitsprobleme geführt hat.
Hingegen hatten die Präventionsmaßnahmen keinen Einfluss auf Studienteilnehmer mit einer überdurchschnittlichen Tendenz zum »sensation seeking« oder zu antisozialem Verhalten: Männer, die ungeachtet der Risiken verstärkt nach neuen oder aufregenden Erlebnissen suchen, sind anfälliger für einen Risikokonsum respektive Alkoholprobleme. Dasselbe gilt für Männer mit der Tendenz, die Rechte und Anliegen anderer weitgehend zu missachten.

»Offenbar können mit den bestehenden Präventionsmaßnahmen die Männer mit dem höchsten Risiko nur schwer erreicht werden«, erklärt Simon Foster, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Studie. Ob dafür aber – wie in der Studie oder zumindest in der Pressemitteilung geschlussfolgert wird – allein die »persönliche Veranlagung« verantwortlich ist und es daher »spezieller Präventionsmaßnahmen« bedarf, welche »auf die Früherkennung zielen und auf die Persönlichkeitsprofile der betroffenen Männer zugeschnitten sind«, darf bezweifelt werden. Denn – ebenso wie in vielen anderen Ländern – braucht es vielmehr einen öffentlichen Imagewandel, der die Alkoholkultur auf ein sozial verträgliches Maß zurückfährt, männerspezifisches Trinkverhalten thematisiert – wie etwa das beeindruckende Raser-Projekt des Züricher »Netzwerk Schulische Bubenarbeit« – und exzessives Saufen damit vielleicht letztlich auch langweilig macht.

Men’s Walk & Talk

Ein Bildungsangebot der Pädagogischen Hochschule St. Gallen

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Text: Thomas Rhyner
Foto: rebealk, photocase.de

Das Bildungsangebot »Men’s Walk & Talk« will Erfahrungen von Studenten in »frauentypischen« Studiengängen aufnehmen und für das Studium sowie für die spätere berufliche Praxis nutzbar machen. Hintergrund dieser Initiative bilden rückläufige Anmeldezahlen von Männern in Studiengängen für soziale, pflegerische oder pädagogische Berufe.

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