»Reaktion auf ein Problem«

Die Verteidigung des Kapuzenpullovers | Essay von Torsten Körner am 8. Mai im DLF

Junge in Kapuzenpullover vor Steinwand

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: Armin Staudt-Berlin, photocase.de

Wer oder was ist der Kapuzenpullover? Ein Kleidungsstück? Ein Bekenntnis? Ein Gangster-Requisit? Oder lediglich ein Stück Sportkleidung? Das Image des Kapuzenpullovers ist umkämpft. Für die einen, die autoritär-konservativen Wächter der Straße, ist der Kapuzenpullover ein Sicherheitsrisiko, für die anderen, die Straßenläufer, ist er eine Geborgenheitshülle, ein tragbarer Tempel, ein flexibler Rückzugsort. Im Jahr 2006 rief der britische Premierminister David Cameron in einer vielbeachteten Rede dazu auf, den Hoodie nicht als kriminelles Stigma zu betrachten: »Er ist einem Reaktion auf ein Problem, nicht das Problem selbst. Wir – die Leute in den Anzügen – betrachten Kapuzenpullover oft als etwas Aggressives, die Uniform einer Rebellenarmee von jungen Gangstern. Aber Hoodies sind eher defensiv als offensiv. Sie sind ein Weg, um in den Straßen unsichtbar zu bleiben.« Torsten Körners Radio-Essay erzählt die lange Geschichte der Kapuzenpullover als eine, die sich nicht auf die aktuelle Frontstellung Gangster versus Polizei oder Schwarz gegen Weiß oder Alt gegen Jung oder Print gegen Digital verengen lässt.

Sendung: Sonntag, 8.5.16, 9:30h, Deutschlandfunk, Reihe »Essay und Diskurs« (30 Min.)

Er ist dann mal weg

Können wir das aushalten? Wenn etwas passiert und es gibt keine Erklärung, warum es passiert ist? Leicht ist es nicht. Aber mitunter schön.

Ein Mann wandert durch eine Landschaft

Text: Frank Keil
Foto: GabiPott, photocase.de

Männerbuch der Woche, 16te KW. – Peter Stamm erzählt in seinem neuen Roman »Weit über das Land« von einem Albtraum, vielleicht auch einem Wunschtraum: ein Mann geht weg, verlässt Frau und Kinder. Was passiert mit ihm? Und kehrt er zurück?

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»Ach lass mal, Papa«

Wann ist ein Vater ein Vater? Wenn er ein Kind gezeugt hat? Oder wenn er mit einem Kind zusammenlebt? Und was, wenn beides zutrifft?

Zwei Paar Schuhe

Text: Frank Keil
Foto: margie, photocase.de

Männerbuch der Woche, 15te KW. – Jan Böttcher führt uns in seinem Roman »Y« aus Berlin hinweg in eine nahe, unbekannte Welt: das Kosovo. Und entspinnt dabei eine so zarte wie kraftvolle Geschichte über Freundschaft, Liebe und immer wieder auch Vaterschaft.

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Wolken ziehen vorüber

Eine Radio-Nacht über das filmische Werk des finnischen Meisterregisseurs Aki Kaurismäki – von Josef Schnelle und Rita Höhne am 30. April im DLF

Zwei Sessel im Schnee

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: PLINK, photocase.de

Treffen sich zwei Finnen in einer Bar. »Prost« sagt der eine. Darauf der andere: »Ich bin nicht hergekommen, um zu quatschen.« So wortkarg und sarkastisch ist auch der finnische Filmemacher Aki Kaurismäki. Seit 1980 hat er rund 20 Filme gedreht und es sind die schönsten Autorenfilme der letzten Jahre darunter. In »Le Havre« überraschte er mit einem Bekenntnis zur Weltoffenheit der wohl hässlichsten Hafenstadt der Welt. Oder er porträtiert die chronischen Loser: Arbeitslose, Müllmänner, Verzweifelte, schlechte Musiker, Mörder – und schafft es, mit solchen Hauptfiguren grandiose Melodramen zu drehen, die an Stummfilmklassiker früherer Filmepochen anknüpfen. So weiß sich »Das Mädchen aus der Streichholzfabrik« nicht anders zu helfen als mit Rattengift. Im Künstlerelend von »Das Leben der Bohème« dagegen zählt nur der neueste Fisch, auch wenn er überraschenderweise zwei Köpfe hat.
Aki Kaurismäki ist Realist und Visionär zugleich. Mit finnischen Tangos und Punkmusik seiner Hausband »Leningrad Cowboys« mit ihren charakteristischen Haartollen hat Kaurismäki ein Kino zwischen Kult und poetischem Realismus erfunden, dem eine lange Radio-Nacht gewidmet ist.

Sendung: Samstag, 30.4.16, 23:05h, Deutschlandfunk, Reihe »Lange Nacht« (180 Min.)

Nützliche Wochenbegleiter

Väterbriefe während der Schwangerschaft

4 Hände liegen auf einem schwangeren Bauch

Text: Ralf Ruhl
Foto: Susann Städter, photocase.de

Du wirst Vater? Herzlichen Glückwunsch! Und Du willst Informationen? Dann gibt es dafür die Väterbriefe von vaeter-zeit.de! Bis zu 41 Briefe bekommen werdende Väter zugesandt, passgenau zur Entwicklung des Babys in der entsprechenden Schwangerschaftswoche.
41? Genau! Denn auch nach der Geburt wollen wir Vätern mit Rat und Unterstützung zur Seite stehen. Und in den Briefen steht eine ganze Menge: wichtige Informationen über die Entwicklung des Babys im Bauch, Veränderungen in der Partnerschaft und den Aufbau der Beziehung zum Kind – bis zu ganz praktischen Anleitungen zum Bauen einer Wickelkommode oder die Finanzierung des Familienautos und den Antrag auf Elternzeit beim Arbeitgeber. Alles – und das ist das Neue daran – aus der Sicht der Väter (selbstverständlich dürfen auch Frauen mal reinschauen).
Also einfach auf den Link zum Newsletter klicken, Name und Mailadresse hinterlassen, dann kommt der Väterzeit-Schwangerschaftsnewsletter zu Dir!

»Mann, bin ich heute wieder intensiv!«

Wann waren Sie das letzte Mal im Theater? Na, also! Und wann sich das letzte Mal durch ein Theoriebuch gewühlt? Eben! Dabei kann man beides nur empfehlen.

Zwei Männer an einem Tisch im Garten

Text: Frank Keil
Foto: busdriverjens, photocase.de

Männerbuch der Woche, 14te KW. – Der Soziologe Heinz Bude widmet sich gewohnt kurz, knapp und klug dem vordergründig diffusen Feld der Stimmungen und Gefühle. Dazu passt begleitend ganz wunderbar das neue Heft der »Reihe 5« des Staatstheaters Stuttgart – trägt es doch den Titel »Freiheit und Angst«. Zwei Stimmungszustände, sozusagen.

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Kleiner Schnitt, GEWALTige Wirkung

Eine folgenreiche Entscheidung, ein Buch und ein Interview

Mann hält sich den Handrücken vor den Mund

Text: Alexander Bentheim
Foto: dommy.de, photocase.de

Ein Aufsehen erregendes Urteil des Kölner Landgerichts vom Mai 2012, das – Kindeswohl vor Elternrecht – die rituelle Beschneidung von Jungen zur Straftat erklärte, ein hastig schon im darauf folgenden Dezember verabschiedetes religionsfreundliches Gesetz zur Beschneidung des männlichen Kindes (§ 1631d BGB) und eine seitdem andauernde, teils heftige – in Teilen auch »unterdrückte« – gesellschaftliche Debatte darüber bilden den Hintergrund des Buches »Ent-hüllt!«, das im letzten Mai erschien. Und das unmittelbar sowie mittelbar Beschneidungsbetroffene zu Stimmen verhilft, die auch zukünftig gehört werden wollen – und müssen. Denn das Thema Beschneidung von Jungen hat sich nicht erledigt, nur weil es keine Schlagzeile mehr bekommt.

Der unter Pseudonym schreibende Autor Clemens Bergner berichtet von seiner eigenen Beschneidung in der Kindheit aus vorgeblich medizinischen Gründen, versammelt in seinem Buch aber auch viele Geschichten von anderen Männern, die über ihre meist ebenfalls im Kindesalter erfolgte Beschneidung der Vorhaut (Amputation, Zirkumzision, Verstümmelung) erzählen, und die – wie er – unter körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen ihr Leben lang leiden.

Nun kann man ein Buch wissenschaftlich, auch empathisch rezensieren. Aber es gibt Ausnahmen, wo es sich anbietet, den Autor selbst zu hören, weil er am eindrücklichsten beschreiben kann, worum es ihm – auch über das Buch und in diesem Fall die Betroffenengeschichten hinaus – mit seiner Publikation geht. Ein Interview aus dem letzten Jahr, das der Religionskritiker und Blogger Stefan Schritt (»Abgeblogged«) mit dem Autor führte, durften für die MännerWege dankenswerterweise neuveröffentlicht werden.

Zum Interview.

»Männer machen das Gleiche, aber anders«

Interview mit dem Kita-Forscher Prof. Holger Brandes über die Ergebnisse der kürzlich als Buch vorgelegten »Tandem«-Studie.

Junge guckt über die Tischkante

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: luxuz::., photocase.de

Eine vierjährige Studie untersuchte die Wirkungen pädagogischen und kommunikativen Verhaltens von Erzieherinnen und Erziehen auf Mädchen und Jungen in Kindertagesstätten. Dabei zeigte sich u.a., dass männliche Erzieher »zwar das Gleiche machen wie Frauen, aber in einer etwas anderen Weise«. Für Prof. Brandes geht es »um weit mehr, als dass Männer Fußball spielen und Frauen Zöpfe flechten – nämlich um die kleinen und meist subtilen Unterschiede in der Interaktion zwischen Erwachsenem und Kind«.

Interview und Hinweise zur Studie. Ergänzend gibt es dort eine Übersicht zu kommenden Veranstaltungen mit Thomas Gesterkamp.

Jungen auf der Flucht

Praxistag für Fachkräfte der Jugendhilfe zu »Männlichkeit und Migration« am 19. Mai 2016 in Erfurt

Mann klettert über eine Mauer

Text: Alexander Bentheim (Redaktion)
Foto: french_03, photocase.de

Flucht hat ein Geschlecht, könnte man meinen, denn sie ist größtenteils eine von jungen Männern, die Europa erreichen (wollen). Dabei sind ihre Fluchtgründe unterschiedlich: Männer aus Syrien oder Eritrea etwa entziehen sich dem Waffendienst bzw. der Zwangsrekrutierung. Oder junge Männer fliehen, weil ihnen ihre Familien am ehesten zutrauen (oder es gerade von ihnen erwarten), die Strapazen einer Flucht zu bewältigen, um dann Frauen und Kinder nachzuholen, wenn die Ankunft in Europa geglückt ist. Manche sind deshalb auch weniger an langfristigen Ausbildungen, sondern am Geldverdienen interessiert, denn sie wollen oder müssen ihre Familien unterstützen.
Zugleich werfen die Ereignisse in der Neujahrsnacht in Köln ein Licht auf Konflikte, die – weil teils gänzlich verschiedene Lebensweisen und -einstellungen aufeinandertreffen – eine in dieser Dimension neue Dramatik für alle Betroffenen, Beteiligten und andere gesellschaftliche Akteure auslösen.

Der Praxistag fokussiert deshalb auf männliche Migranten und das Wissen um kulturelle Unterschiede, aber ebenso auf die menschliche und professionelle Haltung, mit der Sozialpädagog_innen, Lehrkräfte, Amtsangehörige oder Ehrenamtliche ihnen begegnen. Was gilt es zu verstehen? Wo können wir mit welchen Zugängen unserer Arbeit anknüpfen? Was bringen wir selbst mit dafür? Welche Voraussetzungen haben wir, um mit Migranten zu arbeiten? Welche Vorurteile und Vorannahmen machen es uns dabei schwer? Worin besteht eine sinnvolle pädagogische Haltung, mit der erfolgreich gearbeitet werden kann?

Veranstaltet wird der Praxistag von der Fachgruppe Jungenarbeit in Thüringen in Kooperation mit der LAG Kinder- und Jugendschutz Thüringen e.V. und dem Landesjugendamt Thüringen; er beginnt am 19. Mai um 9.00 Uhr im Bildungshaus St. Ursula in Erfurt. Weitere Infos sind der Ausschreibung und dem Portal der Jungenarbeit in Thüringen zu entnehmen.

Aufpassen beim Anpassen

Ein nicht geführtes Gespräch mit dem Vater über den Versuch, den Zumutungen der Realität auszuweichen.

Zwei Soldaten

Text: Stefan Moes
Foto: Birne X., photocase.de

Würde ich so alt wie mein Vater, bliebe mir noch ein Jahr. In diesem Sommer werde ich sechzig. Wie nie zuvor spüre ich die in mir angehäufte Zeit. Mein Vater kam vor mehr als einhundert Jahren zur Welt, wenige Tage vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Sein Vater war Bäckermeister, ein erfolgreicher Geschäftsmann, steif posierend mit Mittelscheitel und kaisertreuem Schnurrbart, wie ein Foto zeigt. Unvorstellbar weit weg und doch nur zwei Generationen entfernt.
Mein Großvater starb, als mein Vater fünfzehn war. Mein Vater starb, als ich neunzehn war. Nicht einmal ein Jahr danach begann ich, Germanistik zu studieren, ohne zu wissen, was einmal aus mir werden sollte. Das war nicht ungewöhnlich. Mitte der 70er Jahre war die Welt weniger verregelt, Umwege waren möglich…

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