Judas auf dem Lande

Und dann steht man da und ein Leben geht zu Ende. Was war vorher? Und wie ist es zu dem gekommen, was nun ist?

Ein Bauer wendet Heu

Text: Frank Keil
Foto: cw-design, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 16te KW. – Der deutsch-niederländische Autor Willi Achten lässt in seinem neuen und tieftraurigen Roman »Die Einmaligkeit des Lebens« zwei Brüder miteinander leben, während um sie herum die Welt abgebaggert wird.

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»Vorfahrten, die es längst nicht mehr geben dürfte«

In einer aktuellen Veröffentlichung wird analysiert, wie männerdominierte Netzwerke in Autokonzernen, Wissenschaft, Politik und Lobbyverbänden eine »zukunftsfähige Mobilität« verhindern.

Person mit buntem Regenschirm wird nassgespritzt von vorbeifahrendem Auto

Text/Interview: Thomas Gesterkamp
Foto: Fotoline, photocase.de

 
In einem früheren Buch hat Boris von Heesen untersucht, welchen gesellschaftlichen Preis das Patriarchat verursacht, »Was Männer kosten« lautete der plakative Titel. In seinem jüngsten Werk nimmt sich der Darmstädter Ökonom nun den »Mann am Steuer« vor: jenen (nicht unbedingt die Mehrheit bildenden) Teil des männlichen Geschlechts, der mit überdimensionierten Fahrzeugen, aggressivem Verhalten und unangemessener Lautstärke die deutschen Straßen beherrscht. – Ein Gespräch mit dem Autor.

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Weglaufen klappt nicht

Jugendroman rund um die Themen Probleme, Ärger, prekäre Lebensverhältnisse, Laufen und Verantwortung.

Ein Junge läuft über eine Wiese

Text: Ralf Ruhl
Foto: spudnique, photocase.de

 
Rennen. Das kann Jay. Denn er rennt immer wieder weg. Vor allem vor seiner allein- aber nicht erziehenden Mutter. Die sitzt oder liegt meist auf dem Sofa, jammert und liest Liebesromane. Kriegt ihr Leben nicht auf die Reihe. Jays Vater ist in Valparaiso, genau, Südamerika oder so. Und sein Bruder Keno driftet in die Kriminalität ab, mit Sprayen, Schulschwänzen, Obdachlosigkeit. Ist das auch für Jay vorgezeichnet? Martina Wildner’s »Zu schnell für diese Welt« ist ein Jugendbuch der Extraklasse!

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Feste Drup

Posing für’s Betriebsalbum

Text und Foto: Georg Schierling
Reihe »Bilder und ihre Geschichte«


Arbeitskollegen und Gesellen des Klempnerbetriebs meines Großvaters (2. von links) versammeln sich für den Fotografen mit Hämmern und Maulschlüsseln, aber auch mit Hut und Krawatte, vor einem fertiggestellten Lagertank / Silo am Duisburger Hauptbahnhof; Auftraggeber war die Reichsbahn. »Feste Drup« als Motto auf dem Hammer in der oberen Bildmitte symbolisiert die Kraft und Härte, mit der der Beruf offenbar im Wesentlichen ausgeführt wurde. Daneben zeigt die Verwendung des Mottos, dass die Sprache der Handwerker und Arbeiter der Dialekt war – kein Hochdeutsch. Und ja, der handwerkliche Beruf wurde mit Kraft und Härte, Ausdauer, Geschicklichkeit und Durchhaltevermögen ausgeübt; »Feste Drup« zeigt damit auch, sich »durchbeißen« zu können. Und nicht zu vergessen: Damals gab es noch keine 40-Stunden-Woche. Es wurde sowieso insgesamt länger gearbeitet, und der Samstag war ein normaler Arbeitstag.
Das Gruppenbild zeigt aber auch den Stolz auf die gemeinsam fertiggestellte Arbeit. Die Kameradschaft der Arbeitenden – so nannte man Teamgeist damals – war selbstverständlich.

Mehr Bilder aus der Reihe »Bilder und ihre Geschichte« gibt’s im Archiv.

Die Welt, von den Füßen aus betrachtet

Putin, Trump, Erdogan: alles großer Mist. Und es wird ja noch schlimmer werden. Trost und Hoffnung auf Vorrat verschafft einem da die wunderbare Mini-Serie »Marzahn Mon Amour«.

Szenenbild Marzahn Mon Amour in der Fußpflegepraxis

Text: Frank Keil
Szenenfoto: Oliver Vaccaro/UFA Fiction/ARD

 
Was so ein weißer Kittel ausrichten kann. Ihn übergestreift, schon ist man jemand anders. Vielleicht nicht ganz anders ist man, aber ein Anfang ist gemacht: der weiße Kittel als Chance. Als Neuanfang, als Hoffnung, dass es besser wird, langsam.
Wir lernen Katharina »Kathi« Garbowski kennen, da bekennt sie uns gegenüber ihr Scheitern als Schriftstellerin. Kaum noch Aufträge, der Mann ist weg und mit ihm manches Möbelstück. Also hat sie umgesattelt, hat sich als Fußpflegerin umschulen lassen. Ausgebildet also ist sie, aber Berufserfahrung: keine. Einen kleinen Moment lang schwebt ein »leider nein«, durch die Luft, als sie sich in der »Beauty Oase Marzahn« vorstellt, das ein kurzes »Okay« wird. Okay – mehr braucht es nicht. Nun gehört sie dazu, drei Frauen unter einem Dach: die immer ein wenig unter Druck stehende Chefin Jenny (Yvonne Yung Hee Bormann), die leicht exaltierte und trotz Rückenschmerzen lebenslustige Lulu (Deborah Kaufmann) und eben Kathi, gespielt von einer erneut großartigen Jördis Triebel.

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Sicher auf unsicherem Grund

Fragen sind spannender als Antworten. Und das Suchen ist ergiebiger als das Finden. Gute Literatur weiß das und lässt sich nicht zu einem bequemen Plot bewegen.

Bild einer Frau mit Spiegelungen

Text: Frank Keil
Foto: erdbeersüchtig, photocase.de

 
Männerbuch der Woche, 13te KW. – Diesmal im Doppelpack: Slata Roschal liefert mit »Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten« den einen Roman unserer Tage. Den anderen bietet uns Meral Kureyshi mit »Im Meer waren wir nie«. Und als Nachschlag gibt es nochmals von Slata Roschal noch einen Lyrikband mit dem rasanten Titel »Ich brauche einen Waffenschein/ ein neues bitteres Parfüm/ ein Haus in dem mich keiner kennt«.

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Neue Typenlehre mit Rechtsdrall

Eine aktuelle Studie geht dem Phänomen der vermehrten Orientierung junger Männer an traditionellen, autoritären, rechten bis rechtsextremen Einstellungen nach und empfiehlt »professionelle junge Männerarbeit«.

drei junge Männer schauen über einen Zaun

Text: Thomas Gesterkamp
Foto: schifferklavier, photocase.de (Symbolbild)

 
Über die Lebenslagen von Männern zwischen 18 und 29 Jahren ist bislang relativ wenig bekannt. Wissenschaftliche Untersuchungen konzentrierten sich in der Vergangenheit vorwiegend auf die biografischen Phasen von Kindheit und Jugend – oder sie nahmen männliche Erwachsene unabhängig von ihrem Alter in den Blick. Carsten Wippermann vom DELTA-Institut für Sozial- und Ökologieforschung im bayerischen Penzberg versucht diese empirische Lücke zu schließen. Auftraggeber seiner gerade veröffentlichten Studie ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

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Vegan pupsender Bonus-Bruder mit Bartagame

Graphic Novel über ein Mädchen in Nöten, das sich dann auch noch mit einem neuen Bruder arrangieren muss.

Junger Mann mit Hut und gesenktem Kopf

Text: Ralf Ruhl
Foto: sto.E, photocase.de

 
Neue Schule. Angst vor Mobbing. Verlust der besten Freundin. Die eigene Herkunft kennen. Und dann noch eine Patchworkfamilie mit Bonus-Bruder. Ganz schön viel für ein zehnjähriges Mädchen. Und für die Graphic Novel »Der süßeste Bruder der Welt… und andere Irrtümer« von Elin Lindell. Die dabei gar nicht schwierig oder düster daherkommt. Sondern witzig, voller Situationskomik und mit viel Herz für alle ihre Figuren.

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Aber das Buch über Hitlers Leibarzt bleibt

Nach 28 Jahren muss ich mein Büro räumen und mich von vielem trennen. Jeder Griff ins Regal ist auch ein Griff in mein Leben.

Ein Mann sitzt in einem Büro

Text: Frank Keil
Foto: cw-design, photocase.de

 
Und dann kam die Kündigung. Sie kam nicht wirklich überraschend. Eines Tages würde es so weit sein, das wussten wir, das wusste ich, und neuerdings gingen so Männer unten über den Hof, mit Tablets in den Händen, auf denen sie etwas eintrugen, während sie an der Fassade unseres backsteinernen Gebäudes hinaufschauten. Das waren keine guten Zeichen.
Wir sind zu viert, teilen uns eine Etage, sind eine Bürogemeinschaft, wie man das nennt, aber ich will hier nur über mich schreiben. Über mich und mein großes Zimmer; ein Zimmer mit zwei Fenstern, ein Zimmer für mich allein, zum Schreiben, zum Arbeiten, wie es immer wieder postuliert wird, ein literarischer Topos, und dass ich nun verlassen muss, das ich aufgeben muss. Nach 28 Jahren …

Zum Rückblick

Schraube locker

Wenn das erste Abenteuer schon kurz nach Reisebeginn im Motorraum stattfindet.

zwei Männer an der Motorklappe eines Autos

Text und Foto: Alexander Bentheim
Reihe »Bilder und ihre Geschichte«


Drei junge Abenteurer auf Tour durch Dänemark, September 1976. Schon am dritten Morgen liegengeblieben auf einem Feldweg, nachdem der alte Käfer nachts zuvor aus einem Graben gehievt werden musste, weil ein Wendemanöver im Dunkeln misslang. Jao, Handbuch vergessen und kaum Werkzeug dabei, also jetzt irgendwie anders durchblicken, Problem kapieren, rettende Idee finden … Ich weiß nicht mehr, wie wir es hingekriegt haben, aber mittags ging es weiter, sicherheitshalber nur bis zur nächsten Werkstatt.
Der eine wurde später Urologe, der andere Veranstaltungsmanager – Jobs, in denen Konzentration, Geduld und Übersicht ebenfalls klar von Vorteil sind.



Mehr aus der Reihe »Bilder und ihre Geschichte« gibt’s im Archiv.